Wahlprüfstein Bundestagswahl 2025
Sozialverband VdK Deutschland
1
Wie stehen Sie zu der Aussage, dass das Rentenniveau schnell stabilisiert und mittelfristig auf 53 Prozent angehoben werden muss, um auch für die zukünftige Generation das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung zu sichern? Hält Ihre Partei an der Regelaltersgrenze von 67 Jahren fest?
Wir teilen die Auffassung, dass das Rentenniveau auf 53 Prozent angehoben werden muss. Wir wollen alle Renten sofort und einmalig um zehn Prozent zu erhöhen; auch, weil die Rentenanpassungen 2021-2023 hinter der Inflation zurückgeblieben sind. Wir haben uns von Anfang an dagegen gewehrt, die Regelaltersgrenze auf 67 Jahren zu setzen. Für viele bedeutet das faktisch eine Rentenkürzung – insbesondere in Berufen, in denen Beschäftigte nicht so lange durchhalten können. Wir fordern eine Regelaltersgrenze von 65 Jahren. Wer 40 Jahre lang gearbeitet und Beiträge gezahlt hat, soll ab 60 abschlagsfrei in Rente gehen können.
2
Unterstützt Ihre Partei die Forderung nach einer schrittweisen Einführung einer einheitlichen solidarischen Kranken- und Pflegeversicherung (Bürgerversicherung)? Welche Schritte sind aus Ihrer Sicht prioritär?
Ja! Eine gute Gesundheitsversorgung für Alle kann funktionieren, wenn sie durch alle Menschen, auch solche mit sehr hohen Einkommen, Miet- oder Kapiteleinkommen oder Unternehmer*innen und Politiker*innen finanziert wird. So können Beiträge für 90 Prozent der Bevölkerung gesenkt und Leistungen verbessert werden, unter anderem mit höheren Personalschlüsseln in der Pflege. Prioritär ist Abschaffung der privaten Krankenversicherung (PKV) – auch um die Zwei-Klassen-Medizin abzuschaffen und prekär Versicherte in der PKV wieder Zugang zu einer guten Versorgung zu verhelfen.
Themen:
Gesundheit
3
Wie positioniert sich Ihre Partei zur Finanzierung versicherungsfremder Leistungen in der Pflegeversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung? Möchte Ihre Partei den gesetzlichen Regelungen nachkommen und diese vollkommen durch Haushaltszuschüsse refinanzieren?
Das Pflegesystem in Deutschland führt zu sozialen Härten in vielen Familien. Die Linke will der Pflegekrise unter anderem durch einen hohen Steuerzuschuss begegnen, der kurzfristig die Fehlkonstruktionen der Pflegeversicherung abfedert. Längerfristig muss die Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung (wie die Krankenversicherung) ausgebaut werden, die alle pflegebedingten Kosten und sozialen Nachteile ausgleicht. In der Krankenversicherung muss der Steuerzuschuss die Leistungen, die eigentlich nicht Aufgabe der GKV, sondern gesamtgesellschaftliche Aufgaben sind, vollständig ausgleichen. Allein das könnte schon einen erheblichen Teil der aktuellen Beitragsexplosion auffangen.
4
Welche Schritte plant Ihre Partei für den Abbau der Sektorengrenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und wie will Ihre Partei pflegende Angehörige stärker entlasten? Wie steht Ihre Partei zu einer Lohnersatzleistung oder einem Pflegelohn für pflegende Angehörige?
Die Linke setzt sich dafür ein, sektorenfreie Gesundheitszentren mit ambulanter, stationärer und notfallmedizinischer Versorgung aus einer Hand einzuführen. Im Interesse der Patient*innen müssen alle Behandelnden im Krankenhaus, der Hausarzt, die Fachärztin, die Apothekerin oder der Physiotherapeut bis zum Pflegedienst viel mehr miteinander kommunizieren und kooperieren. Fallkonferenzen und unabhängiges Fallmanagement müssen Normalität werden.
Pflegende Angehörige müssen Zeit für die Pflege und Qualifikation der Pflegenden haben und vor Armut geschützt werden. Die Linke fordert passgenaue Hilfe für die vielfältigen Bedarfe zu Hause: Ausbau der Tages- und Kurzzeitpflege, bezahlte Freistellungen, Geldleistungen und Rentenpunkte.
Themen:
Gesundheit,
Pflege
5
Wie gedenkt Ihre Partei Armut allen Alters zu bekämpfen? Welche Vorschläge haben Sie spezifisch zur Bekämpfung von Kinder- und Altersarmut. Wie stehen Sie zu einer Neuberechnung der Regelsätze und Finanzierung von spezifischen Mehrbedarfen für Gesundheit, Mobilität und Barrierefreiheit?
Gegen Armut hilft Geld. Wir wollen eine sanktionsfreie individuelle Mindestsicherung oberhalb der Armutsrisikogrenze (aktuell 1.320 Euro monatlich). Gegen Altersarmut wollen wir eine »Solidarische Mindestrente« als Zuschlag auf die gesetzliche Rente bis zur Höhe der Armutsrisikogrenze. Gegen Kinderarmut wollen wir eine Kindergrundsicherung: Arme Kinder erhalten zusätzlich zum Kindergeld einen nach Alter gestaffelten „Kinderzuschlag“ von bis zu 379 Euro monatlich. Hinzu kommen anteilige Unterkunftskosten sowie einmalige Bedarfe. Die Regelsätze im SGB II und SGB XII decken nicht die existenzsichernden Mindestbedarfe. Wir wollen, dass die Regelsätze neu berechnet werden. Bis dahin fordern wir Sofortzuschläge von 150 Euro für Erwachsene und 100 Euro für Kinder.
6
Welche Maßnahmen plant Ihre Partei, um ein wirksames Verbot der Benachteiligung von Menschen wegen Behinderung, Erkrankung oder Alters umzusetzen? Wie stehen Sie zur Verpflichtung privater Anbieter von Gütern und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit, mindestens aber zu angemessenen Vorkehrungen?
Die Linke will das Diskriminierungsverbot im Artikel 3 des Grundgesetzes um das Merkmal "Alter" ergänzen. Wir sehen es als längst überfällig an, dass auch die privaten Anbieter*innen von Gütern und Dienstleistungen dazu verpflichtet werden, Barrierefreiheit herzustellen. Wir fordern seit langem die umfassende Barrierefreiheit in allen gesellschaftlichen Bereichen. Wir wollen deshalb verbindliche Regelungen in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und in das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) einfügen, mit denen private Anbieter*innen von öffentlich zugänglichen Gütern und Dienstleistungen zur Herstellung von Barrierefreiheit verpflichtet werden. Zudem wollen wir im AGG ein Verbandsklagerecht.
7
In Deutschland fehlen Millionen barrierefreier Wohnungen. Damit Menschen mit Behinderungen adäquaten Wohnraum finden, muss der gesamte Neubau im Mehrparteienwohnungsbau barrierefrei gestaltet werden. Welche Maßnahmen möchten Sie zur Schaffung von barrierefreiem und bezahlbarem Wohnraum ergreifen?
Die Linke will einen bundesweiten Mietendeckel: Die Mieten müssen begrenzt und in überhitzten Wohnungsmärkten abgesenkt werden. Für die kommenden 6 Jahre müssen Mieterhöhungen untersagt werden (Mietenstopp). Im Jahr 1990 gab es rund 2 Mio. Sozialwohnungen mehr als heute. Einmal geförderte Sozialwohnungen sollen dauerhaft in der Sozialbindung bleiben. Die Linke will eine Investitionsoffensive in gemeinnützigen Wohnraum starten und eine Quote für den (Um-)bau von barrierefreien Wohnungen einführen. Auch Wohnungskonzerne sollen eine Quote an barrierefreien Wohnungen erfüllen und können hierzu Förderungen in Anspruch nehmen, wenn sie sich zur Gemeinnützigkeit (u.a. bezahlbare Mieten) verpflichten.
8
Die Finanzierung der ökologischen Transformation erfordert im Verkehrs- und Gebäudesektor massive Investitionen – auch von Privatpersonen. Werden Sie sich für Förderprogramme einsetzen, die sozial gestaffelt sind, um allen Menschen eine klimafreundliche Transformation zu ermöglichen?
Ja, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören untrennbar zusammen. Die Linke will Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen gezielt entlasten und vor Preisanstieg schützen: Wir wollen ein Klimageld von 320 Euro jährlich pro Person einführen. Für den durchschnittlichen Verbrauch von Strom und Heizenergie wollen wir preisgünstige Sockeltarife schaffen. Wer mehr verbraucht – und das sind die Reichen und Besserverdienenden –, zahlt mehr. Auch beim Heizungstausch wollen wir die Förderung für Zusatzkosten sozial staffeln. Wir stärken den Nahverkehr und wollen das 9-Euro-Ticket wieder einführen. Schüler*innen, Azubis, Studierende und Senior*innen fahren kostenlos – perspektivisch soll der ÖPNV für alle kostenfrei werden.