Wahlprüfstein Bundestagswahl 2025

LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt

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Wird sich Ihre Partei für eine Fortführung des "Aktionsplans Queer Leben" und für eine Verstetigung des*r Queerbeauftragten einsetzen? Inwieweit werden Sie sich für ein Gesetz zur Stärkung unserer Demokratie einsetzen und hierbei auch die queere Zivilgesellschaft strukturell fördern?
Ja, Die Linke will den Aktionsplan fortführen und ausweiten. Die soziale Situation queerer Menschen wird ungenügend berücksichtigt (z. B. Wohnungslosigkeit von queeren Jugendlichen, Altersarmut von lesbischen Frauen). Den Aktionsplan wollen wir mit eigenen Geldern ausstatten, bislang müssen die Ressorts dafür an anderer Stelle sparen. Die Linke setzt sich für eine*n unabhängige*n Queerbeauftragte*n ein - demokratisch gewählt nach dem Vorbild der*des Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes. Zudem wollen wir die Selbstorganisation und Interessenvertretung queerer Menschen stärken, indem Räume und Initiativen der queeren Communities besser und dauerhaft gefördert werden. Die Linke will ein Demokratiefördergesetz, das die Ampel-Koalition nur versprochen hat. Das Demokratiefördergesetz muss ausreichend finanziert werden. Die kontinuierlich arbeitenden Strukturen gegen Queerfeindlichkeit sollen daraus gefördert werden.

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Wie wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass Art. 3 Abs. 3 GG so erweitert wird, dass er die gesamte queere Community explizit vor Diskriminierung schützt? Wie werden Sie die Rechte von Diskriminierung Betroffener auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und auf EU-Ebene stärken?
Ja, Die Linke will Art. 3 (3) GG um die Merkmale "sexuelle Orientierung" und "geschlechtliche Identität" erweitern. Im AGG wollen wir bestehende Schutzlücken - wie z. B. die Sonderregelung für Religionsgemeinschaften, denen Diskriminierungen erlaubt werden - beseitigen. Mit einem Verbandsklagerecht, verlängerten Klagefristen (v. a. im Arbeitsrecht) und dem Schutz auch vor staatlicher Diskriminierung (z. B. durch Behörden, Polizei) wollen wir die Rechte diskriminierter Personen und Gruppen stärken. Dafür fordern wir ein Bundesantidiskrimierungsgesetz nach Vorbild des Berliner Landesantidiskriminierungsgesetzes und ein Klagerecht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Die Diskriminierungsmerkmale im AGG wollen wir um "sozialen Status" und "chronische Erkrankungen" erweitern. Die Linke wird sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, den Diskriminierungsschutz mit einen horizontalen Ansatz zu erweitern. Weiterhin muss gelten, dass queerfeindliche Bestrebungen in der EU nicht geduldet werden dürfen und mit Entzug von Fördermitteln geahndet werden müssen.

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Wie werden Sie sich für ein bundesweites Meldesystem für LSBTIQ*-feindliche Gewalt einsetzen? Wie werden Sie die Strafprozessordnung anpassen? Wie planen Sie die Lücken im Schutz vor Konversionsmaßnahmen und beim Schutz intergeschlechtlicher Kinder zu schließen?
Die Linke setzt sich weiterhin dafür ein, dass LSBTIQ*-feindliche Straftaten von den Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften als solche erkannt und trennscharf in die polizeilichen Meldedienste einbezogen werden. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit muss bei Strafanzeigen und -anträgen erfragt und dokumentiert werden (auch bei den Ermittlungen). Vieles ist im StGB enthalten, doch es mangelt an der Umsetzung. Die Linke will die Staatsanwaltschaften verpflichten, queerfeindliche Motive genauer und einheitlich zu ermitteln. Dazu fordern wir Queer-Beauftragte bei den Staatsanwaltschaften und eine Schulung der Polizei. Die Linke will den Schutz intergeschlechtlicher Kinder verbessern, indem das OP-Verbot nicht im Rahmen der Diagnosestellung umgangen werden kann und die Beratung der Sorgeberechtigten verpflichtend wird. Die Verjährungsfrist bei Körperverletzungen wollen wir hier verlängern. Die Linke will die Strafausnahmen in § 5 (2) KonvBehSchG aufheben. Wir fordern ein ausnahmsloses Verbot von Konversionsbehandlungen auch bei Erwachsenen.

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Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass Zwei-Mütter-Familien und Familien, deren zweiter Elternteil nicht männlich ist, von Geburt an rechtlich anerkannt werden? Wie werden Sie dafür sorgen, dass Personen nach Änderung von Geschlechtseintrag/Namen korrekt ins Geburtenregister eingetragen werden?
Die Linke will das Abstammungsrecht so reformieren, dass es Regenbogenfamilien nicht mehr diskriminiert. Statt quälend langer Adoptionsprozesse wollen wir die Anerkennung der gemeinsamen Elternschaft auch von Zwei-Mütter-Familien und von Familien, deren zweiter Elternteil nicht männlich ist, von Geburt an. Die unzureichene Regelung zum Eltern-Kind-Verhältnis im Selbstbestimmungsgesetz wollen wir ändern. Trans*, intergeschlechtliche und nichtbinäre Eltern müssen in den Geburtenregistern der Kinder entsprechend ihres aktuellen Geschlechtseintrags registriert werden.

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Wie wird sich Ihre Partei für die Legalisierung von Eizellspende und Leihmutterschaft einsetzen? Wie werden Sie überdies Familien mit mehr als zwei Sorge-Personen anerkennen und rechtlich absichern, und werden Sie hierbei auch die Elternschaft für bis zu vier Personen öffnen?
Die Linke fordert, dass die künstliche Befruchtung allen zur Verfügung steht, unabhängig von sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität, Ehe oder Beziehungsstatus (auch Ledigen). Sie durch die gesetzlichen Krankenkassen zumindest anteilig finanziert werden. Dies gilt auch für die assistierte Reproduktion, die staatlich gefördert werden muss. Die Linke lehnt eine Kommerzialisierung vom Eizellspenden genauso ab wie das reproduktive Klonen. Eine Lockerung des Verbots für nicht-kommerzielle Leihmutterschaften lehnen wir ebenso ab wie kommerzielle Leihmutterschaften. Schwangerschaften dürfen kein Markt werden. Die Linke will das Sorgerecht so gestalten, dass Mehrelternschaften für bis zu vier Personen möglich sind. Die Lebensrealität muss sich endlich auch im Familien- und Sorgerecht niederschlagen.

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Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass LSBTIQ* Schutzsuchende per Resettlement und einem gesonderten Bundesprogramm angemessen aufgenommen werden? Inwieweit werden Sie dafür sorgen, dass LSBTIQ* Verfolgerstaaten nicht als "sichere Herkunftsländer" oder "sichere Drittstaaten" gelistet werden?
Die Linke setzt sich dafür ein, dass die Auswahlkriterien des BAMF beim Resettlement-Verfahren auch LSBTIQ* als schutzbedürftige Gruppen anerkennen. LSBTIQ* werden in besonderer Weise ignoriert, wenn es um die Einstufung von „sicheren Herkunftsländern“ und „sicheren Drittstaaten“ geht. Die Linke lehnt die Rechtskonstruktion der „sicheren“ Herkunftsländer und Drittstatten ab, da diese auf die Beschneidung des individuellen Rechts auf Schutz ausgerichtet sind. Wir fordern die faire Prüfung eines Schutzgesuchs in jedem Einzelfall. In diesem Zusammenhang betonen wir auch unsere grundlegende Ablehnung der GEAS-„Reform“. Die Linke fordert spezifische Aufnahmeprogramme für bedrohte LSBTIQ*-Schutzsuchende. Zuletzt haben wir das für queere Menschen aus Russland gefordert. Unbedingt fortgeführt werden muss das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan. Wir wollen flächendeckend Fachstellen für LSBTIQ* Geflüchtete einrichten. Dort können sich queere Geflüchtete zum Asylverfahren sowie zum Aufenthalts- und Migrationsrecht beraten lassen. Außerdem braucht es Möglichkeiten der psychologischen Beratung für LSBTIQ*-Geflüchtete.

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Wie werden Sie das "LSBTI-Inklusionskonzept der Bundesregierung für die Auswärtige Politik und Entwicklungszusammenarbeit" fortführen? Wie werden Sie dafür sorgen, dass mindestens 0,5 % der Gelder für die bilaterale staatliche Entwicklungszusammenarbeit in LSBTIQ*-spezifische Projekte fließen?
Die Linke will, dass deutsche Außen- und Entwicklungspolitik weltweit queere Rechte und Geschlechtergerechtigkeit voranbringt. Dazu wollen wir LSBTIQ*-Organisationen durch ausreichende Finanzierung stärken und die Berücksichtigung von LSBTIQ*-Rechten im Gesamtbereich der internationalen Zusammenarbeit umfassend etablieren. Die besonderen Lebensbedingungen von LSBTIQ*-Personen müssen überall in der Entwicklungszusammenarbeit berücksichtigt werden. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich lokal, regional, national oder international für die Menschenrechte von LSBTIQ* und gegen die Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität einsetzen, müssen unterstützt werden. Die Linke will dafür die Gelder der Entwicklungszusammenarbeit insgesamt erhöhen. Für LSBTIQ*-spezifische Projekte fordern wir eine verbindliche Quote von mindestens 0,5 % der Gelder im Haushaltsplan der jeweiligen bilateralen Entwicklungszusammenarbeit . Eine verpflichtende Berichterstattung soll sicherstellen, dass die LSBTIQ*-spezifischen Projekte transparent finanziert werden und effektiv arbeiten.

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Wie werden Sie das Selbstbestimmungsgesetz nachbessern und bestehende Diskriminierungen (z. B. Wehrdienst, Hausrecht, Sperrfrist) beseitigen? Wie werden Sie eine angemessene gesundheitliche Versorgung und Kostenübernahme geschlechtsangleichender Maßnahmen durch die Krankenkassen sicherstellen?
Die Linke will das Selbstbestimmungsgesetz nachbessern. Wir fordern dafür, die Hausrechts-Regelung aufzuheben, auf die Sperrfrist/Wartezeit zu verzichten und das Gesetz auch im Spannungs- und Verteidigungsfall gelten zu lassen. Auch die diskriminierenden Regelungen gegenüber Menschen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, müssen aus dem Selbstbestimmungsgesetz gestrichen werden. Die Linke hat bereits lange vor dem BSG-Urteil darauf hingewiesen, dass es ein Gesetz zur umfassenden gesundheitlichen Versorgung (inkl. Kostenübernahme durch die Krankenkassen) von trans* Personen geben muss und bedauert, dass die Ampel-Regierung hierzu nicht tätig geworden ist. Notwendig ist zudem eine Aufklärungskampagne zum Selbstbestimmungsgesetz, mit dem der breiten Öffentlichkeit die Bedeutung dieser Regelungen vermittelt und mit der den Falschbehauptungen zum Selbstbestimmungsgesetz entgegengetreten wird.