Wahlprüfstein Bundestagswahl 2025

PRO ASYL

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Steht Ihre Partei dazu, dass die Menschenwürde aller Menschen gleich ist, und welche Schlüsse ziehen Sie daraus für Geflüchtete? Wird ihre Partei sicherstellen, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum AsylbLG unverzüglich umgesetzt wird? Wie steht Ihre Partei zu der Bezahlkarte?
Für Die Linke ist klar: Wir kämpfen für die Achtung der Menschenwürde aller Geflüchteten. Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ist Teil einer Abschreckungspolitik, die mit dem Grundsatz der Menschenwürde unvereinbar ist. Wir setzen uns deshalb, zusammen mit vielen Betroffenenorganisationen und Verbänden, für die Abschaffung des AsylbLG und für eine sozialrechtliche Gleichbehandlung ohne Diskriminierung ein. Die von der Ampel beschlossene Bezahlkarte lehnen wir ab: Sie ist ein menschenrechtswidriges Instrument der Gängelung, sie greift massiv in den Lebensalltag der Menschen ein und suggeriert fäschlich, Geflüchtete kämen wegen des Geldes nach Deutschland und würden die (ohnehin zu knappen) Geldmittel falsch verwenden. Für die Behörden bedeutet das Bezahlkartensystem bürokratischen Mehraufwand und zusätzliche Kosten. Bei der Bezahlkarte hat sich die Ampel von einer populistischen Kampagne treiben lassen, statt die Rechte und Würde aller Geflüchteten offensiv zu verteidigen.
Themen: Flucht & Asyl

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Setzt sich Ihre Partei für das Recht auf Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte und Geschwister ein? Wie will Ihre Partei eine zügige Bearbeitung sowie die Digitalisierung von Anträgen sicherstellen? Unterstützt Ihre Partei humanitäre Aufnahmeprogramme und das UN-Resettlement-Programm?
Ja, das Recht auf Familiennachzug muss für anerkannte Flüchtlinge wie für subsidiär Schutzberechtigte gleichermaßen gelten. In beiden Fällen geht es um Menschen, die unstreitig nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren und deshalb nur in Deutschland mit ihrer Familie zusammenleben können. Der Geschwisternachzug ist gesetzlich zu regeln, um ein Auseinanderreißen der betroffenen Familien beim Nachzug zu verhindern. Bei der Digitalisierung der Visumsbearbeitung muss die Familienzusammenführung priorisiert werden, bislang geht es vor allem um schnellere Visa für Fachkräfte. Gerade bei der Realisierung des Menschenrechts auf Familienleben sind jahrelange Wartezeiten jedoch unerträglich. Humanitäre Aufnahmeprogramme und das UN-Resettlement-Programm müssen ausgeweitet werden. Sie stellen einen der wenigen legalen Wege für Geflüchtete dar, um sicher nach Deutschland einreisen zu können. Aufnahmeprogramme ersetzen allerdings nicht das Recht auf einen individuellen Zugang zum Asylsystem.
Themen: Flucht & Asyl

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Welche Position vertritt Ihre Partei zu Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete wie Afghanistan und Syrien sowie zu Abschiebungen ins Elend innerhalb der EU, z.B. nach Griechenland? Wie steht Ihre Partei zur Abschiebungshaft und der Pflichtbeiordnung von Anwält*innen?
Die Linke lehnt Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete klar ab. Auch Abschiebungen in andere EU-Länder können gegen die Menschenrechte verstoßen, etwa wenn es dort keine menschenwürdigen Überlebensbedingungen gibt, kein faires Asylverfahren garantiert ist oder willkürliche Haft und eine Abschiebung ins Herkunftsland drohen. Deshalb verbieten sich Abschiebungen in Länder wie Griechenland, befindet auch die Mehrheit der deutschen Verwaltungsgerichte. Die Linke ist grundsätzlich gegen Abschiebungshaft: Menschen werden ihrer Freiheit beraubt, ohne dass sie eine Straftat begangen haben, nur, um sie leichter außer Landes schaffen zu können. Das lehnen wir ab, Flucht ist kein Verbrechen! Die Pflichtbeiordnung von Anwält*innen in solchen Fällen ist aus unserer Sicht eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit, die auch für die Zurückweisungshaft an der Grenze gelten muss. Abschiebungshaft wird oft leichtfertig und rechtswidrig angeordnet, dagegen braucht es wirksamen Rechtsschutz.
Themen: Flucht & Asyl

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Wie will Ihre Partei geflüchtete Menschen menschenwürdig unterbringen? Steht Ihre Partei für eine Begrenzung der Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahme auf wenige Wochen, um Isolierung von Asylsuchenden zu verhindern? Würde Ihre Partei asylsuchenden Menschen erlauben, direkt privat zu wohnen?
Die Linke fordert eine dezentrale Unterbringung, möglichst in Wohnungen. Ist eine vorübergehende Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften nötig, müssen menschenwürdige Bedingungen herrschen und die Privatsphäre, der Grundsatz der Selbstbestimmung und der Schutz besonders vulnerabler Personen garantiert werden. Die Dauer der Unterbringung in solchen Einrichtungen ist auf ein Minimum zu begrenzen. In großen Aufnahmezentren sind die Lebensbedingung oft unzumutbar. Eine Politik der Lager und Isolierung von Geflüchteten zur Abschreckung lehnen wir ab. Die Linke hat frühzeitig vorgeschlagen, dass Asylsuchende direkt privat wohnen können sollen, wenn ihnen das möglich ist, etwa bei Verwandten und Bekannten. Das würde die Aufnahmestrukturen erheblich entlasten, wäre im Interesse der Menschen und viel billiger. Menschen aus der Ukraine wurde dies unproblematisch und mit großem Erfolg ermöglicht. Das Asylverteilungssystem muss grundlegend neu und menschenfreundlich ausgestaltet werden.
Themen: Flucht & Asyl

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Unterstützt Ihre Partei eine Entfristung des Chancen-Aufenthaltsrechts, die Abschaffung von Arbeitsverboten sowie der Duldung Light? Würde Ihre Partei die Bleiberechtsregelung für gut integrierte Jugendliche verbessern? Wäre eine Identitätsfeststellung per Versicherung an Eidesstatt für Sie möglich?
Ja, Die Linke fordert eine Entfristung und Ausweitung des Chancen-Aufenthaltsrechts. Die Hürden für ein Bleiberecht dürfen auch vor dem Hintergrund langjähriger Ausgrenzung, verweigerter Sprachkurse und zahlreicher Arbeitsverbote nicht zu hoch sein. Wenn Menschen bereits viele Jahre hier leben, muss die Devise lauten: Bleiberecht statt Abschiebung. Ein gesichertes Aufenthaltsrecht erhöht die Chancen, eine Wohnung oder einen Job zu finden. Das ist im Interesse der Betroffenen und der Aufnahmegesellschaft. Kinder und Jugendliche werden schnell ein Teil der Gesellschaft, sie erlernen die Sprache leichter und finden Freund*innen. Für sie und ihre Familien müssen mit Blick auf das Kindeswohl deshalb großzügigere Bleiberechtsregeln gelten. Die Linke ist gegen Arbeitsverbote und fordert einen Arbeitsmarktzugang von Beginn an. Die Duldung Light mit ihren zusätzlich ausgrenzenen Regelungen lehnen wir ab. Ja, die Identitätsklärung soll auch durch eidesstattliche Versicherungen möglich sein.
Themen: Flucht & Asyl

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Wie steht Ihre Partei zum Recht auf Asyl in Europa und wie wollen Sie dieses zukünftig schützen? Wie steht Ihre Partei zur Umgehung des Flüchtlingsschutzes durch Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten? Steht Ihre Partei zu der Einhaltung der EMRK und der Rechtsprechung des EGMR?
Die Linke verteidigt das individuelle Asylrecht uneingeschränkt. Während die Ampelparteien mit der GEAS-Reform drastischen Asylrechtsverschärfungen zugestimmt haben, lehnen wir Grenzverfahren und alle Versuche der Auslagerung des Flüchtlingsschutzes ab. Drittstaatenregelungen gefährden die Genfer Flüchtlingskonvention, die auf internationale Verantwortungsteilung setzt. Die meisten Geflüchteten finden in ihrer Herkunftsregion Schutz. Es ist absurd, wenn vergleichsweise reiche Länder der EU ärmeren Ländern wie Ruanda "ihre" Asylsuchenden "aufbürden" wollen. Das wird in der Praxis auch nicht funktionieren. Für Die Linke ist die Einhaltung der EMRK und Umsetzung von Urteilen des EGMR ein zentraler Bestandteil des Menschenrechtsschutzes. Das Zurückweisungsverbot nach Art. 3 EMRK gilt absolut, also auch für "Straftäter" und selbst in Notstandszeiten. Das ist wichtig, um politischen Versuchen, das individuelle Asylrecht ganz abzuschaffen oder die Grenzen zu schließen, entgegenzutreten.
Themen: Flucht & Asyl

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Wie will Ihre Partei rechtswidrige Pushbacks an den EU-Außengrenzen stoppen? Wie steht Ihre Partei zu dem Vorschlag europarechtswidriger Zurückweisungen an deutschen Binnengrenzen? Würde Ihre Partei die aktuellen Binnengrenzkontrollen weiter verlängern?
Die Linke verurteilt die illegalen Pushbacks an den EU-Außengrenzen. Ebenso das bewusste Wegsehen und die Tatenlosigkeit der EU-Kommission und der Bundesregierung. Massive Menschenrechtsverletzungen durch EU-Staaten (Griechenland, Bulgarien, Kroatien, Polen, Ungarn usw.) werden seit langem von NGOs dokumentiert, nur in Bezug auf Ungarn hat die EU-Kommission Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Damit ist klar, dass die brutale Praxis der Abschottung im stillschweigenden Einverständnis der EU geschieht. Ein wirksamer und unabhängiger Überwachungsmechanismus an den Außengrenzen ist deshalb dringend erforderlich, die entsprechende Regelung im GEAS ist völlig unzureichend. Die Linke verteidigt den Grundsatz der unkontrollierten Reisefreiheit in der EU. Die immer wieder verlängerten Binnengrenzkontrollen sind rechtswidrig und müssen sofort beendet werden. Gleiches gilt für illegale Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den deutschen Binnengrenzen, die in der Praxis längst stattfinden.
Themen: Flucht & Asyl

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Wie will Ihre Partei dafür sorgen, dass die GEAS-Reform menschenrechtskonform umgesetzt wird? Wie steht Ihre Partei zur (faktischen) Inhaftierung von Schutzsuchenden während ihres Asylverfahrens – an den Außengrenzen oder im Inland? Wie sollen besonders Vulnerable identifiziert werden?
Eine menschenrechtskonforme Umsetzung der von den Ampelparteien mitbeschlossenen GEAS-Reform ist aus unserer Sicht nicht möglich. Die verpflichtenden Grenzverfahren sind menschenrechtswidrig, viele Schutzsuchende werden künftig an den EU-Außengrenzen in Auffanglagern festgehalten und keine Chance auf eine faire Asylprüfung erhalten. Das betrifft auch Familien mit Kindern, obwohl die Ampel anderes versprochen hatte. Menschen in Not dürfen nicht wie Kriminelle behandelt werden, die Inhaftierung von Schutzsuchenden lehnen wir generell ab. Erfahrungen mit den "Hotspots" auf den griechischen Ägäis-Inseln zeigen, wie in solchen Auffanglagern das Recht auf Asyl allenfalls noch auf dem Papier steht. In der Praxis dienen diese Einrichtungen vor allem der Abschreckung, Isolierung, Ablehnung und schnellen Abschiebung Geflüchteter. Erfahrungsgemäß wird es in Schnellverfahren auch keine wirksamen Mechanismen geben, um besonders vulnerable Personen rechtzeitig zu identifizieren und zu schützen.
Themen: Flucht & Asyl