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Gewerkschaft der Polizei Bezirk Bundespolizei | Zoll

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Die Kündigungsrate liegt bei derzeit rund 1000 Kolleg:innen in der Bundespolizei. Welche attraktivitätssteigernden Maßnahmen werden Sie unternehmen und (finanziell) absichern, um Personal für Bundespolizei und Zoll (uniformiert und zivil) zu gewinnen und zu halten?
Maßnahmen aus Sicht der Linke müssen vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf der Beschäftigten in den Fokus stellen. Wochenarbeitszeit muss verlässlich sein und zugleich den Beschäftigten größtmögliche Flexibilität bieten. Bundespolizei und insbesondere der Zoll bieten eine Vielzahl unterschiedlicher beruflicher Profile; ein Wechsel muss durch Angebote der Aus- und Fortbildung erleichtert werden. Wichtig ist für Beschäftigte mit Familien ein stabil wohnortnaher Einsatzort und Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung ohne Wohnortwechsel. Die verheerende Konkurrenz unter den Polizeibehörden von Bund und Ländern über teils eklatante Gehaltsunterschiede wollen wir eindämmen, indem wir langfristig wieder zu einer bundesweit einheitlichen Besoldung zurückkehren. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss auch für Beamtinnen und Beame gelten.

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Wann werden Sie die (vorübergehend) erhöhte Wochenarbeitszeit von 41 Stunden bei Beamtinnen und Beamten in der BPOL wieder absenken? Welche zusätzlichen Ausgleichsmaßnahmen sehen Sie für langjährig Schicht- und Wechselschichtdienstleistende (mehr als die Hälfte der Beschäftigten)?
Wir wollen die Wochenarbeitszeit so schnell wie möglich wieder auf 39 Stunden für die gesamte Bundesverwaltung absenken. Für Beschäftigte im Wach- und Wechseldienst sollen die Regelungen für das abgesenkte Ruhestandsalter erhalten bleiben. Die wiederhergestellte Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage begrüßen wir, sie entspricht einer langjährigen Forderung der Linke im Bundestag. Die Beschäftigten im Schicht- und Wechselschichtdienst brauchen aber weitere Entlastungen während ihrer aktiven Zeit wie ausreichende und zuverlässige Ruhezeiten, Sport- und Erholungsangebote, zuverlässige Planbarkeit von Dienst- und Freizeit.

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Wichtige Schritte für die Zukunftsfähigkeit ist die Digitalisierung und bundesweite Harmonisierung von Software. Diese sieht der Haushalt für die BPOL nicht vor. Wie und in welcher Höhe stellen Sie die notwendige Finanzierung für moderne und zukunftsorientierte IT der BPOL und Zoll sicher?
Beschaffungen im IT-Bereich sind trotz des erkennbaren Bedarfs in den letzten Jahren hinter Fragen der Ausstattung für den unmittelbaren Vollzugsdienst zurückgetreten. Hier muss die Gewichtung kritisch überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Die Entwicklung gemeinsamer Standards für die in der Polizei genutzten Anwendungen muss beschleunigt und wo es möglich ist mit quelloffener Software umgesetzt werden, um die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern zu verringern und mehr Eigenentwicklungen zu ermöglichen. Eine gemeinsame Beschaffung von hardware-Komponenten könnte eine weitere Möglichkeit sein, Einsparungen zu erzielen, ist aber im föderalen System rechtlich schwierig. Um mit neuen technischen Entwicklungen etwa beim Einsatz unbemannte Fluggeräte mithalten zu können, sind zusätzliche Mittel erforderlich.

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Welche Ausrüstung für Bundespolizei und Zoll werden Sie sowohl für die Aufgabenwahrnehmung als auch für den Schutz eingesetzter Kräfte schnellstens vorantreiben? Mitteldistanzwaffe, DEIG, Bodycam als „Mann“-Ausstattung, bessere Autos, mobile Kontrollstellen, Drohnen etc.?
Die Bundespolizei ist in den vergangenen Jahren massiv mit Schutzausrüstung und neuen Waffen ausgestattet worden, hier sehen wir wenig offenen Bedarf. Ob es wirklich sinnvoll war, hohe Beträge in eher prestigeträchtige Einzelbeschaffungen wie große gepanzerte Fahrzeuge oder kanonenbewehrte Schiffe zu stecken statt in die Ausstattung der Beamtinnen und Beamten im Streifendienst, sei dahingestellt. Die Neubeschaffung von Mitteldistanzwaffen hätte sonst schneller vorangetrieben werden können. Bei neuen zusätzlichen Ausstattungsgegenständen wie Distanz-Elektroimpulsgeräten und Bodycams sind wir aus einer Reihe von Gründen skeptisch; so hat sich mittlerweile gezeigt, dass die Bezeichnung der DEIG als "nicht-lethal" durchaus mit einem Fragezeichen versehen werden kann. Zudem zeigen die Erfahrungen mit Reizstoffsprühgeräten, dass diese in der polizeilichen Praxis nicht allein zur Abwehr dringender Gefahren für Leib und Leben, sondern als Mittel zur Durchsetzung polizeilicher Anweisungen eingesetzt werden. Das führt weg von einer bürgernahen Polizei, deren zentrales Einsatzmittel das Wort ist.

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Die Strafverfolgung, insbesondere Geldwäschebekämpfung, Finanzermittlungen und Vermögensabschöpfung gehören aus unserer Sicht verstärkt und behördenübergreifend optimiert. Zoll und Bundespolizei könnten durch „Follow the money“ wesentlich erfolgreicher zusammenarbeiten. Wie unterstützen Sie dies?
In diesem Feld müsste zunächst die Financial Intelligence Unit ertüchtigt werden, eingegangenen Hinweisen nachzugehen und qualifiziert weiterzugeben. Jedenfalls der Zoll verfügt über umfassende Befugnisse, sowohl in der Strafverfolgung wie in der Gefahrenabwehr auch Finanzermittlungen anzustellen. Im Zusammenhang mit dem Zoll sehen wir als eine wichtige Aufgabe die Durchsetzung von Proliferations- und Embargobestimmungen und begrüßen seine Bemühungen außerordentlich. Dass weiterhin Bauteile aus Deutschland auf den ukrainischen und anderen Schlachtfeldern auftauchen zeigt, wie wichtig seine Arbeit ist. Hier ist es mehr eine Frage des politischen Willens, den entstehenden Geldflüssen bis zum Ende folgen zu wollen, als eine Frage ausreichender Befugnisse. Die Rechtsgrundlagen des Zolls für die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden - also Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden der Länder - sehen wir als ausreichend. Bei der Vermögensabschöpfung sind vor allem die Staatsanwaltschaften gefragt, rechtssichere Lösungen im Einzelfall zu finden. Hier können Polizei und Zoll durch ihre Ermittlungstätigkeit einen wertvollen Beitrag leisten.

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Die personelle und materielle Unterdeckung des Bereichts Kriminalitätsbekämpfung ist ein großes Problemfeld der Bundespolizei. Was haben Sie vor, um die Einheiten der Kriminalitätsbekämpfung innerhalb der Bundespolizei zu verbessern?
Die Kriminalitätsbekämpfung der Bundespolizei fokussiert sich nach unserer Wahrnehmung stark auf die Bekämpfung von Schleuserkriminalität. Hier wäre in erster Linie eine kritische Bestandsaufnahme vorzunehmen: dient sie tatsächlich der Bekämpfung von menschenunwürdigen und tödlichen Behältnisschleusungen oder geht der Fokus weit darüber hinaus? Im Entwurf des Bundespolizeigesetzes der Ampelkoalition wurde zwar auf Behältnisschleusungen in der Begründung abgestellt, ohne dass sich dies in den Befugnissen niedergeschlagen hätte. Dies entspricht vermutlich der aktuellen Praxis. Zudem werden eine große Zahl von Ermittlungsverfahren wegen des Tatvorwurfs der Schleusung eingeleitet, obwohl die Tatverdächtigen erkennbar nur selbst geschleust oder zu Hilfstätigkeiten genötigt wurden. Auch hier würde eine klare Fokussierung zu mehr Effizienz führen. Hilfreich wäre aus unserer Sicht auch eine wieder deutlichere Aufgabenabgrenzung von den Landespolizeibehörden und ihrer räumlichen Zuständigkeit.

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Was werden Sie tun um der absolut unzureichenden Liegenschaftssituation (mit negativen Auswirkungen auf Arbeits- und Gesundheitsschutz) entgegenzuwirken? Wie werden Sie die Wohnungsfürsorge für in Schwerpunktdienststellen (vor allem in Ballungsräumen) Eingesetzte sicherstellen?
Durch das wiederholte Scheitern einer Bundesregierung bei der Reform des Bundespolizeigesetzes ist auch wieder eine Gelegenheit verstrichen, für eine bessere Unterbringung der Bundespolizei in Flughäfen und Bahnhäfen zu sorgen. Bei den eigenen Liegenschaften gab es zwar Fortschritte durch die Konjunkturpakete der vergangenen Jahre - sie haben aber letztlich nur offengelegt, wie groß der Investitionsbedarf tatsächlich ist. Hier müssen dringend mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden. Die Angebote der Wohnungsfürsorge müssen wieder ausgebaut werden. Dazu gehört auch eine eigene Wohnbauoffensive, denn die Subventionierung von privaten Wohnungsbeständen in Ballungsräumen ist deutlich teurer. Die Linke hat ein umfassendes Paket vorgelegt, um Wohnen wieder bezahlbar zu machen - unter anderem wollen wir Spekulation mit Leerstand bekämpfen, die Mieten deckeln und den Wohnungsbau durch gemeinnützige und kommunale Wohnungsbaugesellschaften bevorzugt fördern. Davon profitieren alle.

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Die derzeit faktisch stationären Grenzkontrollen an alle Landgrenzen, hat zu noch mehr Bereitschaftspolizei-Einsätzen geführt. Wollen Sie die Fortführung? Wie soll dies personell fortgeführt werden? Werden Sie die BPOL Dienststellen wieder in den Regelbetrieb mit eigenen Kräften (ohne BePo) bringen?
Nein, wir wollen keine Fortführung dieser umfassenden Grenzkontrollen. Wir sehen schon die europarechtlichen Anforderungen nicht erfüllt, die Zustimmung der EU-Kommission folgt allein politischer Opportunität. Da die rechtlichen Voraussetzungen einer Einreiseverweigerung meistens nicht gegeben sind, ist dieser Einsatz auch migrationspolitisch nicht effektiv. Der Verzicht auf diese umfänglichen Kontrolltätigkeiten im grenznahen Raum und an den Grenzen würde die Dienststellen so entlasten, dass sie wieder in den normalen Regelbetrieb übergehen können.