Wahlprüfstein Bundestagswahl 2025

Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)

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Wie stehen Sie zum etablierten System der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen und wie sehen Sie die Rolle in der Zukunft?
Die Linke steht hinter dem kollektivvertraglichen Versorgungssystem und damit der gemeinsamen Selbstverwaltung. Voraussetzung für ein funktionierendes System ist dabei, dass alle Verhandlungspartner den Gemeinwohlauftrag bei der Ausgestaltung des Gesundheitssystems im Fokus haben und notwendige Strukturveränderungen zur Sicherung und Verbesserung der Versorgung ermöglichen.

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Wie stehen Sie zu dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ und welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die Niederlassung im ambulanten Bereich, gerade für Medizinstudierende, attraktiver zu gestalten?
Die Linke befürwortet den Grundsatz ambulant vor stationär und will die Zahl an stationären Aufenthalten senken. Dazu können ambulante, aber auch teilstationäre Angebote gefördert werden. Wir wollen die Sektorentrennung aufheben und die Kooperation zwischen Kliniken und ambulanten Einrichtungen verbessern. In der Zukunft wird es verstärkt darauf ankommen, die Arbeitsbedingungen für Ärzt*innen zu verbessern. Jüngere Ärzt*innen wünschen sich verstärkt kollegialen Austausch, Teamarbeit, flexible und familienfreundliche Arbeitszeiten sowie weniger langzeitige Bindung an eine Arbeitsstätte. Auch deswegen befürwortet Die Linke regionale Gesundheitszentren, die primär- und fachärztliche sowie notfallmedizinische und kurzstationäre Versorgung aus einer Hand anbieten.

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Wie möchten Sie die strukturellen Finanzierungsprobleme des Gesundheitswesens in den Griff bekommen? Planen Sie die Erhöhung der Beitragssätze, höhere Bundeszuschüsse für versicherungsfremde Leistungen oder andere Maßnahmen?
Die Linke kämpft für eine grundlegende Finanzierungreform. Wir wollen, dass alle Menschen in der solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung abgesichert werden. Dabei sollen alle Menschen den gleichen Anteil ihres Gesamteinkommens beitragen. Das heißt, dass auch Einkommen z.B. aus Kapitalerträgen oder Vermietungen herangezogen werden, wie das heute bereits bei freiwillig Versicherten geschieht. Zudem sollen alle Einkommenshöhen berücksichtigt und die Beitragsbemessungsgrenze damit abgeschafft werden. So werden nicht nur Leistungskürzungen überflüssig, sondern auch Beitragssatzsenkungen und Verbesserungen in der Versorgungsqualität möglich.

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Anhand welcher konkreten Maßnahmen planen Sie eine Weiterentwicklung der Digitalisierung im Gesundheitswesen?
Die Linke sieht in einer sinnvollen Digitalisierung großes Potenzial, die Versorgung zu verbessern, die Kommunikation und die Kooperation auszubauen sowie Vorgänge einfacher zu gestalten. Voraussetzungen dafür sind, dass die Anwender*innen von Ärzt*innen bis Patient*innen bei der Ausgestaltung einbezogen werden, dass die Datensicherheit gewährleistet ist und dass die Anwender*innen einen erlebbaren Nutzen haben. In allen drei Punkten haben die Gesundheitsminister von Gröhe über Spahn bis Lauterbach versagt. Wir erleben heute mit der Einführung der opt-out-Patientenakte einen Supergau, weil die Anwendung nicht fertig, nicht sicher und nicht gut anwendbar ist. Wir fordern ein Memorandum, bis die teils jahrelang bekannten Sicherheitslücken geschlossen werden. Die Patientenakte muss konsequent in Patientenhand bleiben und die Arbeitenden im Gesundheitswesen müssen bei der Ausgestaltung mitreden können.

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Wie sollte Ihrer Meinung nach eine sinnvolle Steuerung der Patientinnen und Patienten in der Notfall- und Akutversorgung erfolgen?
Die Linke fordert seit vielen Jahren einen gemeinsamen Anlaufpunkt für Akut-Patient*innen, wo diese rasch in die medizinisch sinnvollen Behandlungswege geleitet werden. Hier gilt selbstverständlich der Grundsatz ambulant vor stationär. Wir fordern gemeinsame Leitstellen, wo telefonisch sinnvoll zwischen Notfall, kurzfristigem Versorgungsbedarf und anderen Fällen unterschieden wird. Eine verbundene kassenärztliche Medizinhotline kann oft bereits Fragen klären und die Zahl der Behandlungen reduzieren.

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Wie stehen Sie zur längst überfälligen Abschaffung der Budgets und halten Sie einen dauerhaften und automatisch greifenden Inflationsausgleich für sinnvoll?
Die Linke möchte, dass alle Behandlungen, die medizinisch notwendig sind, auch vergütet werden. Es darf nicht sein, dass Patient*innen mit Verweis auf das Budget abgewiesen werden. Für eine sinnvolle Mengenbegrenzung wollen wir qualitätsorientierte Parameter einführen, wie es sie im Bereich der Arzneimittelverordnung bereits gibt. Die Linke ist für eine regelhafte Honoraranpassung, die sich an den realen Ausgaben bemisst.

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Welche Maßnahmen könnten Ihrer Meinung nach greifen, um die Freiberuflichkeit zu stärken?
Die Weiterentwicklung der ambulanten ärztlichen Tätigkeit richtet sich neben den Versorgungsbedarf nicht zuletzt nach den Wünschen der jüngeren Ärztegeneration. Nach den Umfragen wünschen sich diese mehr kollegialen Austausch und flexible, familienfreundliche Arbeitsbedingungen, während hohe Anfangsinvestitionen und Verschuldung und die lange Ortsbindung eher abschrecken. Es braucht damit künftig mehr Versorgungsstrukturen, die diesen Wünschen entgegen kommen.

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Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um dem Fachkräftemangel im Gesundheitswesen entgegenzuwirken?
Der Fachkräftemangel in der Pflege und Assistenzberufen sehen wir vor allem als Folge von unattraktiven Arbeitsbedingungen und unzureichender Bezahlung. Hier helfen gute Entlastungstarifverträge, bessere Entlohnung, mehr Personal und eine klare Perspektive für die berufliche Weiterentwicklung auch in nichtakademischen Berufen. Neue Berufsbilder wie Community Health Nurses und Physician Assistants bieten Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung und damit zu offenen Karrieremöglichkeiten und Anpassungen an den sich verändernden Versorgungsbedarf.