Wahlprüfstein Bundestagswahl 2025
Oxfam
1
Halten Sie soziale Ungleichheit in Deutschland für ein Problem und wie wollen Sie
ihm begegnen? Sollten für Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge, inklusive
in sozial gerechten Klimaschutz, Superreiche durch die Besteuerung sehr hoher
Vermögen stärker in die Verantwortung genommen werden?
Ja, die zunehmende soziale Ungleichheit ist eines der größten Probleme unserer Zeit. Während einzelne Superreiche und Mega-Konzerne immer reicher werden, weiß ein großer Teil der Menschen nicht mehr, wie sie die steigenden Lebensmittelpreise und hohen Mieten bezahlen sollen. Wir kämpfen für eine gerechtere Verteilung des Reichtums und beteiligen die Reichen und Konzerne gerecht am Gemeinwesen. Wir fordern die Vermögensteuer: Ab einem Vermögen von einer Million (abzüglich Schulden) fällt 1% an. Der Steuersatz steigt progressiv: Ab 50 Millionen fallen 5% an. Für Milliardäre fordern wir einen Sondersteuersatz von 12% - damit wollen wir Milliardäre langfristig abschaffen. Dazu wollen wir die Erbschaftsteuer reformieren: Wir schließen die Schlupflöcher und erhöhen den Steuersatz für besonders große Erbschaften auf 60 Prozent. Die Einnahmen investieren wir in Wohlstand und Entlastung für alle: Kitaplätze, bezahlbarer Wohnraum, Gesundheit und sozial gerechten Klimaschutz.
2
Plant Ihre Partei die Finanzzusagen für Entwicklung (EZ) und humanitäre Hilfe (0,7%
des BNE) einzuhalten und die EZ für Bildung, Agrarökologie und soziale Sicherung
zu erhöhen? Wie wollen Sie die Unterstützung zur Bewältigung der Klimakrise in
einkommensschwachen Ländern steigern und verbessern?
Die Linke will internationale Verpflichtungen einhalten und 0,7 % des BNE für Entwicklungszusammenarbeit (EZ) und humanitäre Hilfe bereitstellen. Die Ampel hat die EZ um 23 % und die humanitäre Hilfe um fast 30 % gekürzt – das lehnen wir entschieden ab. Wir wollen, dass Entwicklungspolitik für die Menschen da ist und nicht zur Absicherung privater Investitionen oder militärischen Interessen. Um Entwicklungszusammenarbeit gerecht zu finanzieren, wollen wir eine globale Mindeststeuer für transnationale Konzerne von 15 %, die besonders von globalen Machtasymmetrien profitieren. Neue Besteuerungsmodelle wie eine Shipping- oder Aviation-Tax müssen genutzt werden, um Klimaschäden auszugleichen. Internationale Klimazusagen müssen als nicht rückzahlbare Zuschüsse bereitgestellt werden (z.B. der climate loss and damage funds). Die Linke will selbstbestimmte Entwicklung fördern und Ernährungssouveränität sichern, indem Kleinbäuerinnen, lokale Produzentinnen und regionale Märkte gestärkt werden.
Themen:
Entwicklungspolitik
3
Für welche Maßnahmen zur wirtschaftlichen, steuerpolitischen und sozialen
Gleichstellung der Geschlechter setzt sich Ihre Partei ein? Setzen Sie sich für eine
Fortführung der feministischen Entwicklungs- und Außenpolitik mit einer
entsprechenden Erhöhung finanzieller Zusagen ein?
Die Linke kämpft für eine umfassende Gleichstellung aller Geschlechter. Dafür muss gleicher Lohn für die gleiche Arbeit gezahlt werden. Dazu fordern wir die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro (2026: 16 Euro) sowie die Aufwertung von Berufen mit hohem Frauenanteil, besonders im Pflege- und Sorgebereich. Arbeitszeiten wollen wir so gestalten, dass sie sich besser mit Sorgearbeit vereinbaren lassen. Das Ehegattensplitting schaffen wir ab - es drängt viele Frauen in finanzielle Abhängigkeit. Stattdessen setzen wir uns für eine eigenständige Absicherung ein, insbesondere durch eine bessere Rente für Frauen. Gewaltschutz hat für uns oberste Priorität! Wir wollen ausreichend Frauenhausplätze und eine bundesweit verlässliche Finanzierung sicherstellen.
Eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik darf keine Symbolpolitik sein – sie muss echte Unterstützung für Frauen weltweit leisten. Wir setzen uns für mehr Mittel für soziale und entwicklungspolitische Projekte ein.
4
Wie wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, Pushbacks und Gewalt an den EU-
Außengrenzen zu verhindern? Wie positioniert sich Ihre Partei zu bilateralen
Migrationsabkommen der EU mit Drittstaaten, die häufig mangelnde Transparenz
und Menschenrechtsverletzungen mit sich bringen?
Die Linke verurteilt die illegalen Pushbacks an den EU-Außengrenzen. Ebenso das bewusste Wegsehen und die Tatenlosigkeit der EU-Kommission und der Bundesregierung in Bezug auf die zahlreich dokumentierten Menschenrechtsverletzungen. Dadurch wird deutlich, dass die brutale Praxis der Abschottung im stillschweigenden Einverständnis der EU geschieht. Umso wichtiger wäre ein wirksamer und unabhängiger Überwachungsmechanismus an den Außengrenzen. Die mit der GEAS-Reform hierzu beschlossenen Maßnahmen sind völlig unzureichend. Wegen der systematischen Rechtsbrüche durch zahlreiche EU-Staaten müssen endlich entsprechende Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden. Das darf nicht folgenlos bleiben!
Die Linke lehnt Migrationsabkommen mit Drittstaaten ab, die vor allem der (vorverlagerten) Abschottung und erleichterten Abschiebung dienen. Abkommen zur legalen Migration sollten im einvernehmlichen Interesse der Betroffenen, der Aufnahme- und der Herkunftsstaaten abgeschlossen werden.
5
Was wird Ihre Partei tun, um den völkerrechtswidrigen Siedlungsbau im besetzten
palästinensischen Gebiet und die de-facto-Annexion weiter Teile des
Westjordanlands durch Israel zu beenden? Wie wollen Sie verhindern, dass
deutsche Waffen in der Region weiterhin für Kriegsverbrechen eingesetzt werden?
Die Linke ist grundsätzlich gegen Waffenexporte, umso mehr gegen Waffenexporte in Konfliktregionen. Wir wollen folglich Waffenexporte nach Israel verbieten. Bei bereits gelieferten Waffen ist strikt auf die Durchsetzung von Endverbleibsvereinbarungen zu achten. Wir unterstützen die Bemühungen des Internationalen Strafgerichtshofs, alle, die Kriegsverbrechen begehen, zur Verantwortung zu ziehen. Die Umsetzung seiner Entscheidungen darf nicht bündnispolitischen Erwägungen geopfert werden.
Ob mit oder ohne Waffengewalt: Einseitig durchgesetzte Annexionen oder Siedlungen dürfen keine Aussicht auf Bestand haben. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Okkupationsvorhaben oder um bestehende Besatzung handelt: Solange es keine einvernehmliche Konfliktlösung gibt, darf es keine Perspektive auf Legalisierung von Annexionen außerhalb der Grenzen von 1967 geben. Deswegen fordern wir die gegenseitige Anerkennung zweier lebensfähiger Staaten in Nahost als zentralen Teil einer Konfliktlösung.
Themen:
Außenpolitik
6
Steht Ihre Partei konsequent zu den bestehenden deutschen Klimazielen? Mit
welchen neuen Maßnahmen will Ihre Partei den Klimaschutz in den Sektoren
Gebäude und Verkehr verstärken, das Ende der fossilen Energien beschleunigen
und mehr soziale Ausgewogenheit im Klimaschutz konkret erreichen?
Ja. Die Linke will die Klimaziele sogar verschärfen: Wir wollen Deutschland bis 2040 klimaneutral machen. Dafür wollen wir Busse und Bahnen massiv ausbauen und das 9-Euro-Ticket wiedereinführen. Privatjets und neue Autobahnen können wir uns nicht mehr leisten, dafür ist das Tempolimit überfällig. Wir wollen den Kohleausstieg und den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen, aber bevorzugt gemeinnützig. Wir wollen das Heizungsgesetz reformieren, damit alle mit niedrigen und mittleren Einkommen ihre Mehrkosten beim Heizungstausch bezahlt bekommen. Wir wollen Immobilienkonzerne zur Sanierung der Wohnungen verpflichten, aber die Modernisierungsumlage abschaffen: Die Warmmiete darf für die Mieter*innen nicht steigen (Warmmietenneutralität). Wir lehnen einen CO2-Preis im Bereich Wärme und Verkehr ab, denn dort haben die Menschen oft keine Alternativen. Wenn es schon einen CO2-Preis gibt, sollte es ein soziales Klimageld geben: derzeit 320 Euro jährlich pro Person.
Themen:
Energiepolitik
7
Plant Ihre Partei, sich für eine zügige und ambitionierte Umsetzung der „EU-
Lieferkettenrichtlinie“ (CSDDD) in deutsches Recht einzusetzen? Und dabei das
Schutzniveau des deutsches „Lieferkettengesetzes“ zu erhalten und effektiven
Rechtsschutz zu stärken?
Ja, die Linke will die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) zügig in deutsches Recht umsetzen und dabei das Schutzniveau des deutschen Lieferkettengesetzes (LkSG) erhalten und stärken. Eine Absenkung bestehender nationaler Schutzstandards durch die EU-Richtlinie wird in der CSDDD sogar verboten. Die Linke hält beide Initiativen für einen Schritt in die richtige Richtung. Nun will die Bundesregierung das LkSG abschwächen, um angebliche Wettbewerbsnachteile zu verhindern. Deutsche Unternehmen, die mit Kinder- und Sklavenarbeit Profite machen, sollen jedoch ihr Geschäftsmodell ändern und nicht über mangelnde Wettbewerbsfähigkeit jammern. Die CSDDD bietet manche Verbesserungen zum LkSG: Unternehmen haften, wenn sie Risiken nicht minimieren oder Verstöße nicht beenden. Sie erfasst mehr Menschenrechte als das LkSG und schützt z.B. KMUs besser vor unverhältnismäßigen Kosten. Jedoch ist die höhere Umsatzschwelle des CSDDD ein Problem, da dadurch weniger Unternehmen erfasst werden.
Themen:
Entwicklungspolitik
8
Setzt sich Ihre Partei dafür ein, die Befugnisse des Bundeskartellamts und das
Wettbewerbsrecht zu stärken? Welche konkreten Maßnahmen gegen zunehmende
Marktkonzentration, den Missbrauch ökonomischer Macht und unfaire
Handelspraktiken planen Sie?
Die Linke setzt sich für eine Stärkung der Befugnisse des Bundeskartellamts und eine Weiterentwicklung des Wettbewerbsrechts ein. Um gegen übermäßige Marktmacht und Preistreiberei vorzugehen, fordern wir mehr Durchgriffsrechte für das Bundeskartellamt. Zudem soll Spekulation mit Lebensmitteln und Energie bekämpft werden, indem künstliche Verknappung und spekulative Preisbildung verboten werden. Durch eine Übergewinnsteuer wollen wir außergewöhnliche Gewinne mit 90 Prozent besteuern. Einzelne Wohnungskonzerne wie Vonovia haben eine unglaublich hohe Marktmacht. Wir fordern, dass große Immobilienkonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen vergesellschaftet und in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführt werden. Die Macht einzelner großer Konzerne dämmen wir ein, indem wir regionale Wirtschaftsstrukturen stärken und genossenschaftliche sowie gemeinwohlorientierte Unternehmen fördern. Unser Ziel: eine Wirtschaft mit fairen Bedingungen für alle, statt der Dominanz weniger Konzerne.