Wahlprüfstein Bundestagswahl 2025

Der Mittelstand. BVMW e.V.

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Der Investitionsbedarf in Deutschland staut sich auf mehrere Hundert Milliarden Euro. Wie stellen Sie sicher, dass in der nächsten Legislatur in diesem Rahmen investiert wird? Muss die Schuldenbremse dazu modifiziert werden?
Die Linke setzt sich dafür ein, dass massiv u.a. in die Energiewende, Mobilitätswende, Umbau der Industrie, Gesundheitswesen, Bildung, Wohnen investiert wird. Dafür wollen wir mit unseren Steuerkonzept für Mehreinahmen der öffentlichen Hand sorgen. Zukunftsinvestitionen wollen wir auch kreditfinanziert ermöglich. Die sogenannte Schuldenbremse wollen wir abschaffen.

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Wie machen Sie den Standort Deutschland für mittelständische Unternehmen steuerlich wieder wettbewerbsfähig? Werden Sie den Solidaritätszuschlag komplett abschaffen?
Die Linke setzt auf eine gute Infrastruktur, sichere und nachhaltige Energieversorgung, ein gutes Bildungssystem und eine gute soziale Infrastruktur als Grundlage für eine zukunftsfähige Wirtschaft. Einen internationalen Steuerwettbewerb, der letztlich nur zu fehlenden Investitionen in wichtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen führt, lehnen wir ab. Unser Steuerkonzept entlastet untere und mittlere EInkommen und damit auch viele Kleinst-, Klein- und mittelständische Unternehmer*innen und Selbstständige. Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlages lehnen wir ab.

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Immer mehr Steuergelder werden zur Stabilisierung der Sozialversicherungen herangezogen. Die Debatte um das Bürgergeld und dessen Höhe hält an. Wie stellen Sie sich einen zukunftsfähigen und finanzierbaren Sozialstaat vor?
Die Linke steht zu einem leistungsfähigen Sozialstaat, er ist für uns eine wichtige Grundlage einer gerechten Gesellschaft. Wer krank oder pflegebedürftig ist, soll alle nötigen Leistungen erhalten. Wer arbeitslos oder nicht-erwerbsfähig ist, soll hinreichend abgesichert sein. Jede*r soll sich auf eine lebensstandardsicherende gesetzliche Rente verlassen können. Dafür wollen wir die Sozialversicherungen umbauen. Wir wollen eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung: alle zahlen ein, Beiträge werden auf alle Einkommen erhoben. Bei der Rentenversicherung sollen alle mit Erwerbseinkommen einzahlen. Durch unser Steuerkonzept sorgen wir für Mehreinnahmen der öffentlichen Hand. Damit sorgen wir für eine zukunftsfähige Finanzierung unseres Sozialstaates.

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Was werden Sie gegen den Fach- und Arbeitskräftemangel im Allgemeinen und in KMU im Besonderen unternehmen?
Der Fachkräftemangel ist nicht vom Himmel gefallen. Gründe sind hohe Arbeitsverdichtung, niedrige Löhne und auslaugende Arbeitsbedingungen. Das führt zu Dauerstress und Erschöpfung bei den Beschäftigten. Beispielsweise in der Pflege ist der Teilzeitanteil daher sehr hoch und viele können sich nicht vorstellen, dass sie es bis zur Rente schaffen. Als Linke schlagen wir eine 4-Tage Woche mit vollem Lohnausgleich vor. Mehrere europäische Länder erproben dieses Modell bereits, mit positiven Resultaten. Eine kurze Vollzeit von 30 Stunden beugt nicht nur Dauerstress und Arbeitsausfall vor, sie führt auch zu einer steigenden Produktivität. So schaffen wir gute Arbeit und erhöhen die Attraktivität für Fachkräfte. Fast 3 Millionen junge Menschen haben keinen Abschluss. Wer einen Ausbildungsplatz sucht, hängt oft in Warteschleifen fest – vor allem Hauptschüler*innen und Migrant*innen sind benachteiligt. Die Hälfte der Auszubildenden ist überlastet, weil sie den Fachkräftemangel kompensieren müssen. Die Qualität und Ausbildungsbedingungen müssen dringend verbessert werden. Bis 2030 müssen 160 000 zusätzliche Lehrkräfte in der beruflichen Bildung eingestellt werden.

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Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Dreiklang aus Energiewende, Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähigen Energiekosten zu bewältigen? Ist das Wiederanfahren von Kernkraftwerken eine Option für Sie.
Die Linke will nur in echte erneuerbare Energiequellen und Infrastruktur investieren. Wir wollen Energieverbrauch reduzieren und die Energieeffizienz steigern. Der größte Teil unserer zukünftigen Energieversorgung muss erst noch gebaut werden. Die öffentliche Hand soll sich stark am Aufbau der erneuerbaren Energien beteiligen. Das wollen wir nutzen, um Windrad- und Solarfabriken (wieder) in Deutschland anzusiedeln. Wenige, teure, fossile Kraftwerke dürfen nicht mehr die Preise für den gesamten Strommarkt setzen. Das Merit-Order-Prinzip in seiner gegenwärtigen Wirkungsweise lehnen wir ab. Wir fordern eine neue Netzentgeltstruktur. Die Stromerzeuger und der internationale Stromhandel müssen an den Kosten des Stromtransports beteiligt werden, Strom soll so möglichst erzeugungsnah eingesetzt werden, auch damit zukünftiger Netzausbau reduziert wird. Wir fordern die Senkung der Stromsteuer auf den europäischen Mindeststeuersatz. Langzeit-Energiespeicher für die Dunkelflaute wollen wir an strategisch günstigen Orten in das bestehende Stromnetz integrieren, so dass der Netzausbau minimiert werden kann.

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Wie wollen Sie sicherstellen, dass EU-Digitalgesetze wie der AI-Act und der Data Act in Deutschland mittelstandsfreundlich umgesetzt werden? Welche Maßnahmen planen Sie, um mittelständische Unternehmen bei der Einhaltung der Anforderungen zu unterstützen und den Übergang zu erleichtern?
Die Linke beobachtet mit Sorge, dass viele EU-Digitalgesetze eher zu einer Gefahr für Verbraucher*innen, aber auch KMU werden, anstatt ein Fundament für eine gerechte Digitalisierung zu schaffen. Von dieser Entwicklung profitieren aus unser Sicht vor allem BigTech- Konzerne. Die Linke hat gefordert, dass rechtzeitig ausreichend Mittel und Stellen geschaffen werden, um die Umsetzung der EU-Digitalgesetze zu begleiten und zu überwachen, aber auch betroffenen Anwender*innen bei der Einhaltung der Anforderung zu unterstützen. Leider hat die Ampel-Regierung dies abgelehnt. Auf EU-Ebene setzen wir uns weiterhin für eine gerechte Digitalisierung ein. Im Bereich der KI heißt dies beispielsweise: Wir wollen KI-Anwendungen fördern, von denen ein gesellschaftlicher Nutzen zu erwarten ist. In anderen Bereichen wollen wir den KI-Einsatz beschränken oder verhindern.

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Die Gründerquote geht immer weiter zurück und viele Unternehmen stehen vor einem Nachfolgeproblem. Wie lässt sich das Unternehmertum in Deutschland stärken?
Genossenschaftliche Wirtschaftsformen, Betriebsübernahmen durch die Belegschaften auch im Rahmen von Nachfolgeregelungen wollen wir stärken und fördern - u.a. durch unseren Investitionsfonds für die Industrie. Wir wollen, dass Förderprogramm mehr an der Realität von Genossenschaften ausgerichtet werden. Programme für Gründer*innen und für die Unterstützung von Betriebsnachfolgen sollen standardmäßig genossenschaftliche Modelle aufzeigen.

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Die Bürokratiekosten in Deutschland erklimmen Jahr für Jahr neue Höhen. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die immensen Belastungen für Unternehmen endlich zu senken?
Die Linke erkennt an, dass Bürokratie die Arbeitsweise vieler Unternehmen belasten kann. Allerdings sehen wir Bürokratieabbau nicht als Allheilmittel. Unser Fokus liegt auf der Entlastung von Bürger*innen sowie kleinen und mittleren Unternehmen. Wir setzen uns ein für eine Digitalisierung der Verwaltung, um Prozesse zu vereinfachen. Wir wollen überflüssiger Dokumentationspflichten abbauen, besonders für KMUs. Antragsverfahren, z.B. bei Fördermitteln wollen wir vereinfachen. Bestehende Regelungen wollen wir praxisnah auf ihre Notwendigkeit prüfen. Gleichzeitig betonen wir: Sinnvolle Regulierungen zum Schutz von Beschäftigten, Verbrauchern*inne und Umwelt dürfen nicht unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus ausgehöhlt werden. Unser Ziel ist eine effiziente, aber sozial gerechte Wirtschaft. Dafür braucht es gezielte Entlastungen, aber auch notwendige Regeln für ein faires Miteinander von Unternehmen, Beschäftigten und Gesellschaft.