Wahlprüfstein Europawahl 2024

Hochschule München

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In welcher Weise würden Sie sich zu den Grundprinzipien, die in der Magna Charta Universitatum festgehalten sind, positionieren und aktiv werden? Wie beurteilen Sie den Umgang der Europäischen Union mit der Freiheit von Forschung und Lehre in den einzelnen Mitgliedsstaaten?
Mit dem Kommissionsvorschlag der EU-Transparenz-RL zur Registrierung von Drittstaateninteressen und der grundlegenden Anbindung der EU-Forschungsprogramme an den Industrieausschuss stehen noch ungeklärte Fragen zur Wahrung der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 13 der EU-Grundrechtecharta innerhalb der EU-Politik. Die Linke unterstützt die kritische Entschließung des EU-Parlaments zur Wissenschaftsfreiheit 1/2024. Wir fordern, unionsweit Maßnahmen festzulegen, um u. a. die öffentliche Unterfinanzierung, die prekäre Lage der Wissenschaftler*innen bis zur Zugänglichkeit öffentlich geförderter Forschung zu verbessern. Neben der Verantwortung der Mitgliedstaaten muss EU die Mobilitätsprogramme innerhalb Erasmus+ massiv ausbauen und für die Förderperiode ab 2027 mit min. 60 Mrd. € in die Programmplanung unterstützen. Wir fordern mehr Direktförderung, damit Studierende und Forschende nicht durch den Rechtsstaatsmechanismus von der Förderung ausgeschlossen werden (s. Ungarn).
Themen: Demokratie, Bildung

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Inwieweit ist ein gemeinsamer europäischer Hochschul- und Forschungsraum für Sie relevant? Welche weiteren Schritte verfolgen sie zur Verstärkung des Zusammenwirkens der Higher Education Area und der EU?
Die Linke tritt für eine Reform des Bologna Systems ein. Hochschulen sind mehr als Einrichtungen zur Arbeitsmarktbefähigung, wie sie im Bologna-Prozess verstanden wurden. Hochschulen müssen europaweit als offene, soziale und demokratische Einrichtungen gestaltet und verstanden werden, an denen Lehre und Forschung sich frei und unabhängig von Markt und Profit, aber in gesellschaftlicher Verantwortung entwickeln können. Die Linke begrüßt den von der Kommissarin Iwanova vorgestellten gemeinsamen europäischen Studienabschluss. Die EU sollte mit Modellprojekten, wie 1989 beim European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS) oder den schon von 2,2 Mill. Studierenden genutzten European Student Cards (ESC) vorangehen.

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Wie beurteilen Sie die Funktion und die finanzielle Ausstattung der Forschungsprogramme der EU in den nächsten sieben Jahren und wo sehen Sie besondere Chancen der Nutzung der Forschungsprogramme durch die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften?
Horizon Europe ist derzeit mit 95,5 Mrd. € ausgestattet und partizipiert bis 2024 noch zusätzlich vom nextGenerationEU-Programm. Dieses Programm ist allerdings ausgelaufen. Die nachvollziehbaren Sanktionen gegen Russland, im Zuge des vökerrechtlichen Krieges gegen die Ukraine, sind in der Forschungskooperation ebenfalls destaströs. Finnische Wissenschaftler*innen berichteten, dass uns derzeit Geodaten über ein Sechstel der Erde, z. B. über das Verhalten von Permafrostböden im Klimawandels, verloren gehen. Ebenso führt der weitgehend technologisch orientierte Innovationsbegriff zu Verkürzungen. Derzeit steht dem jedoch die Anbindung der "Forschung" an den Industrieausschuss im Europäischen Parlament entgegen, während Hochschulpolitik im Kultur- und Bildungsausschuss verhandelt wird. Die Linke fordert mehr Investitionen in den Europäischen Forschungraum ab 2028 und besonders für kritische Gesellschaftswissenschaften.

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Wie beurteilen Sie den Beitrag der europäischen Hochschulen zur europäischen Idee und zur Mobilität in der Arbeitswelt? Durch welche Maßnahmen möchten Sie studentische Mobilität und die Integration ausländischer Studierender weiter unterstützen?
Die Linke setzt sich dafür ein, dass eine Grundlagenforschung in der EU als genauso essenziell anerkannt werden, wie anwendungsorientierte Forschung. Geistes- und Sozialwissenschaften, die das europäische Verständnis humanistischer Grundwerte und individueller Menschenrechte, Demokratie, Sozialstaat, Rechtsstaatlichkeit und internationale Kooperation geprägt haben, müssen verstärkt gefördert werden. Die Linke fordert, dass Forschungs- und Bildungsprogramme, die jetzt schon zu 100 % ausgeschöpft sind, angemessen finanziert werden. Für den nächsten MFR fordern wir mindesten 60 Mrd. € für Erasmus+, eine inklusive und geschlechtergerechte Umsetzung, sowie vereinfachten Zugang von Studierenden aus Drittstaaten. Der Implementierungsbericht zuErasmus+ hat zu den Mittelkürzungen weitere Hindernisse, wie unzureichende Finanzhilfen und Zahlungsverzögerungen aufgelistet. Wir begrüßen die erweiterten Mobilitätsprogramme von Erasmus+ "Europe on the move" & den Talent-Pool.