Wahlprüfstein Europawahl 2024
Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK)
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Wie stehen Sie zu den Regulierungsplänen insbesondere zur Einführung partieller Provisionsverbote im Rahmen der Retail Investment Strategy (RIS) und welche weiteren Regulierungen des Versicherungsvertriebes planen Sie?
Die Linke lehnt die provisionsgetriebene Vermittlung von Finanzprodukten grundsätzlich ab. Die Einführung partieller Provisionsverbote im Rahmen der Retail Investment Strategy (RIS) greift uns daher zu kurz. Wir fordern die Umstellung von der Provisions- zur Honorarberatung und -vermittlung. Gleichzeitig wollen wir die unabhängige Finanzberatung stärken. Die Linke fordert die Schaffung einer europaweiten obligatorischen Zulassungsprüfung für alle Finanzinstrumente- und -akteure in Form eines Finanz-TÜVs. Statt – wie bislang – alle Finanzinstrumente als erlaubt zu betrachten, solange sie nicht ausdrücklich verboten sind, würde hierdurch nur das erlaubt sein, was vorher durch den Finanz-TÜV ausdrücklich zugelassen würde. Eine Zulassung erfolgt entlang volkswirtschaftlicher, verbraucherschutzrelevanter sowie nachhaltigkeitsbezogener Kriterien (vgl. BT 18/9709).
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Finanzmärkte
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Den Nachhaltigkeitsbemühungen fehlen oft verbindliche Regularien. Für eine Akzeptanz bei Vermittlern und Verbrauchern bedarf es schlanker Leitlinien, die keine weiteren bürokratischen Hemmnisse aufbauen. Wie stehen Sie dazu und wie soll die praktische Durchsetzbarkeit vorangetrieben werden?
Vermittler*innen spielen eine zentrale Rolle, um nachhaltigkeitsbezogene Finanzprodukte zu stärken. Um Einheitlichkeit und Qualität zu gewährleisten, sollten Vermittler*innen sich umfassend zu nachhaltigen Anlagen weiterbilden. Ferner sind weitreichende, nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzsektor sehr wichtig. Beratungsleistungen müssen konsequent an den Bedürfnissen der Verbraucher*innen und der Umwelt ausgerichtet sein. Dafür muss Nachhaltigkeit bei Finanzprodukten gesetzlich strenger definiert und reguliert werden: Die EU-Taxonomie reicht nicht aus. Der zusätzliche bürokratische Aufwand durch neue Regulierungen kann nicht von allen Vermittler*innen gleichermaßen getragen werden. Deswegen sind weniger strenge Regularien für kleine Vermittler*innen und mehr Unterstützung in der Bewältigung des bürokratischen Aufwands denkbar.
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Das Thema Open Insurance ist weiter vorangetrieben worden u.a. mit der FIDA-Verordnung Zugang zu Finanzdaten. Dies sieht u.a. ein sogenanntes „Dash-Board“ vor, damit der Kunde einen guten Überblick über seine Finanzen erhält. Wie stehen Sie dazu und wie wollen Sie dieses Thema vorantreiben?
Für Die Linke ist es ein zentrales Anliegen, die Daten von Verbraucher*innen zu schützen. Mit Open Insurance werden versicherungsbezogene persönliche und nicht-persönliche Daten an Versicherungsunternehmen weitergeleitet. Die Sicherheit und der Schutz von personenbezogenen Daten muss bei Open Insurance in jedem Fall gewährleistet bleiben. Grundsätzlich unterstützen wir Anliegen wie des "Dash Boards", wodurch Verbraucher*innen ihre Finanzen transparent gemacht werden. Allerdings muss dabei Datenschutz im Zentrum stehen. Um den Missbrauch von personenbezogenen Daten zu verhindern und den Schutz von Verbraucher*innen zu stärken, ist eine konsequente Kontrolle durch unabhängige Institutionen entscheidend.
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Die Regulierungsflut belastet die Vermittler zunehmend. In immer kürzeren Abständen werden bestehende Regulierungen wie die IDD oder MiFID II evaluiert und neue Regelungen wie DORA, PEPP, Fragen zur Nachhaltigkeit oder RIS eingeführt. Wie stehen Sie zu dieser Problematik?
Neue Regulierungen sind dann besonders sinnvoll, wenn sie einen stärkeren Schutz von Verbraucher*innen, Beschäftigte und/oder der Umwelt ermöglichen. Mit Regulierungen kann Qualität, Vergleichbarkeit und Gleichheit gestärkt werden, was Verbraucher*innen zugutekommt. Die Linke vertritt die Auffassung, dass die Finanzmärkte zurzeit nicht ausreichend reguliert sind. Zu sehr profitieren wenige, während der große Teil der Beschäftigten kaum oder keinen Zugang hat. Wir fordern eine strengere Regulierung, die die Interessen der Verbraucher*innen und der Umwelt ins Zentrum rückt. Mit strengeren Regulierungen geht häufig mehr bürokratischer Aufwand einher. Als Entlastung sind deswegen Ausnahmen für kleine Vermittler*innen bzw. eine stärkere Unterstützung in der Bewältigung des bürokratischen Aufwands denkbar. Das Ziel neuer Regulierungen sollte auch bleiben, den bürokratischen Aufwand so gering wie möglich zu halten.
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Wir fordern, dass neue Regulierungen zur Verminderung von Bürokratie erst dann angegangen werden, wenn hierfür Bedarf besteht. Wie stehen Sie dazu und wo setzen Sie an, damit nicht weitere finanzielle Belastungen und bürokratische Forderungen für die Versicherungsbranche etabliert werden?
Die Linke teilt grundsätzlich den Vorschlag, dass neue Regulierungen nur bei Bedarf eingeführt werden sollten. Die entscheidende Frage besteht darin, wie und durch wen der Bedarf bestimmt wird. Für Die Linke besteht Bedarf für neue Regulierungen, damit Verbraucher*innen, Beschäftigte und/oder die Umwelt stärker geschützt werden. Um das zu gewährleisten, müssen Entscheidungen über neue Regularien transparent gemacht werden und unterschiedliche Interessengruppen einbeziehen. Wir setzen uns dafür ein, dass Verbraucherorganisationen und Umweltschutzverbände bei Regularien mitbestimmen dürfen. Sehr kleine Unternehmen oder Einzelpersonen wollen wir vor zusätzlichen finanziellen und bürokratischen Belastungen schützen: Für sie sind Ausnahmen bzw. eine Unterstützung in der Bewältigung des bürokratischen Aufwands denkbar.
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