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Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e. V. (DGS)
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23 Millionen Menschen leiden allein in Deutschland an chronischen Schmerzen, ca. 4 Millionen sind schwergradig chronifiziert. Irland hat einen Facharzt für Schmerzmedizin eingeführt. Was wollen Sie konkret tun, um die Versorgungslage in Deutschland zu verbessern?
Schmerz ist eine der Krankheitsfolgen, die die Lebensqualität und Selbstbestimmung der Betroffenen besonders stark einschränken. Ihn zu lindern oder ihm vorzubeugen ist wo notwendig eines der wichtigsten Behandlungsziele. Die Linke unterstützt daher unter anderem die Aufwertung der Schmerzmedizin in der Ausbildung, die Berücksichtigung in der Bedarfsplanung, die Förderung der Spezialisierung auf Schmerzmedizin und die Förderung der Kompetenz in der Schmerzbehandlung in allen Disziplinen, insbesondere der Allgemeinmedizin.
Themen:
Gesundheit
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In Deutschland stehen für 4 Millionen schwergradig chronifizierte Schmerzpatienten nur ca. 1.300 ambulant tätige Schmerzmediziner zur Verfügung, die jeweils ca. 300 Patienten pro Quartal versorgen. Ist Ihnen diese große Versorgungslücke bekannt? Was werden Sie tun?
Ja, diese Versorgungslücke ist uns bekannt und Die Linke sieht sie sehr kritisch. Deshalb unterstützt Die Linke die Berücksichtigung der Schmerzmedizin in der Bedarfsplanung. Spezialisierte Praxen und Ambulanzen für Schmerzmedizin sind für viele Schmerzformen sinnvoll, unter anderem chronifizierte Schmerzen und Schmerzen unklarer Genese. Diese Einrichtungen sollten daher flächendeckend in angemessener Dichte zur Verfügung stehen. Dafür sollten Schmerzambulanzen oder andere spezialisierte Einrichtungen gesondert in der Bedarfsplanung bedacht werden. Voraussetzung dafür ist die Festlegung von Qualitätsindikatoren.
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Welche Maßnahmen planen Sie, um bei einer immer älter werdenden Ärzteschaft und bei den bekannten Nachwuchsproblemen die Nachbesetzung im niedergelassenen Bereich für junge Ärzte attraktiver zu machen?
Wie stehen Sie zur Einführung eines Facharztes für Schmerzmedizin als interdisziplinäres Fach?
Die Linke unterstützt die Einführung einer fachärztlichen Spezialisierung Schmerzmedizin, auch wenn diese Entscheidung in der ärztlichen Selbstverwaltung liegt. Außerdem unterstützt Die Linke die stärkere Berücksichtigung der Schmerzmedizin in der universitären Ausbildung sowie in der Fort- und Weiterbildung. Hier gilt es nicht nur, Interesse für eine spezialisierte Tätigkeit zu wecken, sondern auch, den Stellenwert und die Qualität der Schmerzbehandlung in allen Fachrichtungen zu steigern. Um der demographischen Entwicklung innerhalb der Gesundheitsberufe etwas entgegenzusetzen, reicht es nicht aus, einzelne Aspekte wie beispielsweise die Niederlassung für junge Ärzt*innen attraktiver zu machen, da es nicht nur einen einzelnen Bereich betrifft. Im gesamten Gesundheitssystem müssen Organisationsstrukturen überdacht und neu angelegt werden: Die starre Einteilung in ambulante Versorgung durch Einzelpraxen und stationäre Versorgung in Krankenhäusern verursacht hohe Kosten und macht die Versorgung unflexibel zulasten der Patient*innen.
Themen:
Gesundheit
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Die Krankenhausbedarfsplanung in Deutschland führt aktuell zu einem zunehmenden Abbau schmerzmedizinischer stationärer Angebote.
Wie wollen Sie dieser Entwicklung gegensteuern? Wie wollen Sie die schmerzmedizinische Bedarfsplanung im ambulanten Bereich sichern?
Im gesamten Gesundheitssystem müssen Organisationsstrukturen überdacht und neu angelegt werden: Die starre Einteilung in ambulante Versorgung durch Einzelpraxen und stationäre Versorgung in Krankenhäusern verursacht hohe Kosten und macht die Versorgung unflexibel zulasten der Patient*innen. Dafür müssen die Sektorengrenzen überwunden und regionale Versorgungsnetze aufgebaut werden. Die Linke setzt sich für ein flächendeckendes Netz an spezialisierten Behandlungseinrichtungen wie Schmerzambulanzen ein. Dafür muss die Schmerzmedizin in der Bedarfsplanung zwingend berücksichtigt werden. Wir brauchen insgesamt ein Umdenken: Die Gesundheitsversorgung muss am Bedarf der Menschen ausgerichtet werden, nicht an Profitabilität oder Wirtschaftlichkeit der Behandlung. Die Fallpauschalen müssen abgeschafft und stattdessen Krankenhäusern die tatsächlichen notwendigen Kosten erstattet werden.
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Gesundheit
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Die Schmerzmedizin hat große Nachwuchsprobleme, die Arbeitsbedingungen erscheinen jungen Ärzten unattraktiv. Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin fordert eine finanzielle Unterstützung der Ausbildung (wie für Hausärzte). Unterstützen Sie diese Forderung?
Feste Quoten oder Prämien für einzelne besonders unterbesetzte Fachrichtungen reichen bei weitem nicht aus, um die Probleme im Gesundheitssystem anzugehen. Damit sich die Arbeitsbedingungen junger Ärzt*innen und aller anderen Gesundheitsfachberufe signifikant verbessern, muss das Gesundheitssystem insgesamt verändert werden. Die Finanzierung muss auf eine breitere Grundlage gestellt werden durch eine Solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung, in die alle einzahlen. Wir brauchen einen Umbau hin zu einer gemeinwohlorientierten Medizin, damit mehr Geld im System verbleibt, was bislang als Gewinne an Investoren ausgeschüttet wird. Die Linke setzt sich dafür ein, Gesundheitsberufe attraktiver zu machen durch kürzere Arbeitszeiten und gute Löhne, verlässliche Dienstpläne und bessere Vereinbarkeit. Dazu muss die Tarifbindung erhöht werden, die GKV-Honorare regelmäßig an die Inflation angepasst und das Arbeitszeitgesetz konsequent auch in Krankenhäusern und Rettungsstellen eingehalten werden.
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Gesundheit
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Die ärztliche Selbstverwaltung (KBV, Bundesärztekammer) hat bis heute eine angemessene schmerzmedizinische Versorgung der Bevölkerung nicht realisiert. Wie wollen Sie dieses Anliegen politisch wirksam vertreten? Was trauen Sie der ärztlichen Selbstverwaltung überhaupt zu?
Die Linke unterstützt die Einführung einer fachärztlichen Spezialisierung Schmerzmedizin, auch wenn diese Entscheidung in der ärztlichen Selbstverwaltung liegt. Zugleich setzen wir uns für die Stärkung schmerzmedizinischer Inhalte im Medizinstudium ein, was auch das Interesse an einem künftigen Schwerpunkt Schmerzmedizin bei den Studierenden vergrößern hilft.
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Gesundheit
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Der ärztlich assistierte Suizid wird derzeit kontrovers diskutiert.
Wie wollen Sie die aktuell bestehenden Regelungslücken schließen und dem Missbrauch in der aktuell unsicheren Gesetzeslage vorbeugen?
Es gibt in der Linken unterschiedliche Position zur Suizidassistenz durch verschiedene persönliche Erfahrungen, individuelle Wertvorstellungen und Zugänge zu ethischen Fragen am Lebensende. Die Linke ist sich jedoch einig, dass der Wunsch zu sterben nicht durch fehlende schmerzmedizinische Behandlung oder fehlende Palliativ- und Hospizversorgung genährt werden darf. Der Zugang zu den bestehenden Hilfesystemen muss besser kommuniziert werden und diese Hilfen müssen ausgebaut werden.
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Gesundheit
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Wie stehen Sie zum Genehmigungsvorbehalt in der Therapie mit Cannabinoiden?
Wie wollen Sie in Zukunft die Versorgung mit Medizinal-Cannabis bei Schwerstkranken unterstützen?
Wie positionieren Sie sich in der Debatte um die Cannabislegalisierung?
Die Linke setzt sich für eine umfassende Legalisierung von Cannabis ein. Die in Deutschland erfolgte Entkriminalisierung reicht bei weitem nicht aus. Außerdem müssen die gesetzlichen Regeln zur medizinischen Verwendung von Cannabis im Sinne der Patient*innen geändert werden. Dazu gehört, dass der Zugang generell entbürokratisiert und der Einsatz von Cannabis als Medizin auch bei weniger schweren Erkrankungen ermöglicht werden muss.
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Gesundheit