Wahlprüfstein Europawahl 2024

BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen

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Wie stellen Sie die wirtschaftliche und soziale Tragfähigkeit ordnungsrechtlicher EU-Regulierung, insbesondere beim Klimaschutz sicher? Bitte beschreiben Sie Ihre geplanten Maßnahmen am Beispiel d. EPBD. Werden d. Lücken in d. wirtschaftlichen Tragfähigkeit durch Förderung geschlossen? Wenn ja, wie?
Der Gebäudesektor ist für einen großen Teil der Treibhausgase in der EU verantwortlich. Die Linke will eine sozial gerechte ökologische Modernisierung des Gebäudebestandes umsetzen. Das muss bezahlbar sein und darf nicht zu einer zusätzlichen Belastung für Mieter*innen und Eigenheimbesitzer*innen mit niedrigem und mittlerem Einkommen werden. Die EPBD leistet das nicht. Der Rat hat den Vorschlag des Europaparlaments verwässert. Europa versäumte die Chance zum Umbau, von der auch der europäische Mittelstand stark profitiert hätte. Die von der Linken eingebrachten sozialen Leitplanken und finanziellen Anreize wurden durch den Rat abgeschwächt. Mit der neuen EPBD liegt die Wärmewende nun beim Mitgliedsstaat, der eigene Renovationspläne erstellt. Für Wohngebäude entfallen die individuellen Zielmarken. Der Staat legt nur das Ziel für den gesamten Gebäudebestand fest. Lässt er schlecht renovierte Gebäude aus seinem Plan leiden darunter arme und von Energiearmut bedrohte Menschen am meisten.

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Wie begrenzen Sie die zukünftige ordnungsrechtlicher Regulierung, wie zum Beispiel beim Klimaschutz, wenn die wirtschaftliche und soziale Tragfähigkeit der angestrebten Regulierung nicht nachgewiesen werden kann?
Die Linke gibt der Verhinderung der Klimakatastrophe Priorität. Wir müssen Menschen, Kommunen und Unternehmen dabei helfen, die Folgen der bereits eintretenden Klimaereignisse zu überstehen. Die nötige Modernisierung muss sozial gerecht erfolgen. Die EU-Kommission setzt beim Klimaschutz darauf, den CO2-Preis zu erhöhen. Reine Verteuerung ist sozial ungerecht. Es braucht Ausgleich und Unterstützung. Auch Unternehmen dürfen nicht einfach nur mit den Kosten konfrontiert werden, sonst droht Pleite oder Abwanderung und Verlust an Arbeitsplätzen. Mithilfe von Differenz- und Klimaschutzverträgen (CCfDs) wollen wir klimafreundliche Technologie bei der Um- und Ausrüstung von Produktionsanlagen fördern: Energieintensive Industriebetriebe erhalten Finanzhilfen für die Umrüstung auf eine CO2-arme Produktion in Höhe der Differenz der CO2-Vermeidungskosten und dem CO2-Zertifikatspreis. So bleiben Industriebetriebe in der Transformation wettbewerbsfähig und Beschäftigung kann geschützt werden.

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Europäische Überregulierung gefährdet den Zusammenhalt innerhalb der EU. Mit welchen Maßnahmen stellen Sie sicher, dass zukünftig ausreichend nationale Spielräume zur Umsetzung europäischer Vorgaben erhalten bleiben (Subsidarität)?
Die Linke setzt sich für eine sozial gerechte ökologische Modernisierung Europas ein. Wir müssen uns gemeinsam vor den Folgen einer Klimakatastrophe schützen. Bei dieser Kraftanstrengung sollten kein Haushalt und kein Mitgliedstaat alleingelassen werden. Europäische Vorgaben sollten durch regional differenzierte Förderungs- und Investitionsprogramme flankiert werden. In Helsinki sind andere Maßnahmen sinnvoll als in Neapel. Ohne europäische Vorgaben würde es jedoch vielerorts gar kein Handeln geben. Mit der Politik der EU-Kommission und der Ampelregierung in Deutschland wird es nicht gelingen, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Mehr Mut ist nötig: Wir brauchen klare Vorschriften und Vorgaben, vor allem für Konzerne. Die Energiepreise sind nicht wegen des Klimaschutzes gestiegen, sondern weil die Energiekonzerne eine Möglichkeit gesehen haben, im Krieg Extraprofite einzufahren. Und weil der Europäische Strommarkt so gestrickt ist, dass Extraprofite begünstigt werden.

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Wie stellen Sie sicher, dass sich die energetischen Vorgaben zum Klimaschutz zukünftig an der Emissionseffizienz anstatt der Energieeffizienz orientieren? Wie und mit welchem Zeitplan soll dieser Paradigmenwechsel für die Immobilienwirtschaft im Neubau und im Bestand vollzogen werden?
Auch Die Linke ist dafür, beim Modernisierungsbedarf von Gebäuden im Gesetz besser zu differenzieren, ob es sich um eine Kita, eine Wohnung oder eine Fabrikhalle handelt. Ob Emission oder Energie als Benchmark: wichtig bleibt, zu handeln. Die Linke fordert vor allem eine öffentliche Investitionsoffensive: 14 Millionen fossile Heizanlagen müssen allein in Deutschland durch Wärmepumpen, andere Technologie oder Nah- und Fernwärmenetze ersetzt werden. Hierfür muss die Produktion europaweit hochgefahren werden. EU-weit sollten verbindliche und ehrgeizige Ziele gesetzt werden. Die Linke will Planungssicherheit schaffen und ein soziales Finanzierungsprogramm auflegen. Durch ein massives Förderprogramm müssen Stadtwerke, kommunale Energieversorger und genossenschaftliche Initiativen beim Aufbau von Wärmenetzen unterstützt werden. Die Kosten, die Unternehmen und Haushalte durch Starkwetterereignisse entstehen, die vom Klimawandel ausgelöst werden, sind sonst bald um ein Vielfaches höher.

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Wie stellen Sie sicher, dass die immobilienwirtschaftlichen Unternehmen die Regulierung zur EU-Taxonomie einfach, rechts- und planungssicher sowie wirtschaftlich tragfähig umsetzen können? Bitte erläutern Sie Ihren Maßnahmenplan.
Mit der EU-Taxonomie wurde ein verbindliches Bewertungs- und Klassifikationssystem (Taxonomie) für Geldanlagen auf europäischer Ebene geschaffen, mit dem nachhaltige Geldanlagen transparent identifiziert werden können. Neben Klimaschutz müssen auch soziale Aspekte stärker berücksichtigt und durch strenge Kriterien abgebildet werden. Leitlinie sollten die Ziele der UN zur nachhaltigen Entwicklung (SDG) sein. Wir setzen uns dafür ein, dass öffentliche Banken wie die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Kreditanstalt für den Wiederaufbau (KfW) nur Förderungen für beispielsweise energetische Sanierungen an gemeinnützige Wohnraumversorger vergeben dürfen.

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Planen Sie vor dem Hintergrund der europaweiten Immobilienkrise eine Regulierungspause für die Immobilienwirtschaft (Moratorium)?
Nein, wir planen kein Moratorium für die Immobilienwirtschaft, da diese durch ihre Spekulationen dafür verantwortlich ist, dass es überhaupt zu Wohnungskrisen kommt. Wir wollen Schluss machen mit der finanzialisierten Wohnungswirtschaft. Aktuell werden Immobilienfonds mit Fördermitteln der EU ausgestattet: Beispielsweise hat Vonovia ohne transparente Auflagen 600 Millionen Euro für energetische Sanierungen von der Europäischen Investitionsbank bekommen. Es darf keine staatlichen Zuschüsse für profitorientierte Wohnungskonzerne ohne klare soziale Auflagen und Transparenz geben! Wir wollen Steuervorteile für Immobilieninvestor*innen und -unternehmen, zum Beispiel Share Deals, flächendeckend abschaffen und ein Investitionsverbot von Fonds in Wohnraum und Wohnungsunternehmen durchsetzen. Wir unterstützten Initiativen zur Vergesellschaftung von großen Immobilienkonzernen. Damit es in Zukunft genug bezahlbaren Wohnraum gibt, wollen wir gemeinnützigen Wohnbau dezentral vor Ort stark fördern.

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Welche Maßnahmen planen Sie zum Abbau von Regulierung und Bürokratie?
Die EU ist auch mit dem Anspruch angetreten, Bürokratie abbauen zu wollen. Dabei hat die Herstellung des Binnenmarktes für mehr Bürokratie gesorgt. Denn der „freie Markt“ muss erst durch ganz viele Regeln hergestellt werden, damit Produkte und Dienstleistungen überall vergleichbar sind. Auch Förderprojekte wie regionale und kommunale Strukturprogramme müssen sich durch einen riesigen Wust an bürokratischen Vorschriften kämpfen. Das bindet enorme Arbeitsressourcen. Auch Die Linke ist deshalb für Bürokratieabbau – aber nicht, um zugleich Regulierung abzubauen. Bürokratie ist kein Selbstzweck – Entbürokratisierung aber auch nicht. Gesetzliche Regulierung bedeutet auch, dass die Gesellschaft, der Gesetzgeber dem wirtschaftlichen Handeln Grenzen auferlegt. Wir wollen Regelungen übersichtlich, einfach und transparent gestalten, um den bürokratischen Aufwand zu verringern. Die bisher unübersichtliche Vielzahl von Förderprogrammen der EU wollen wir deshalb zusammenlegen und den Zugang vereinfachen.

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Wie stellen Sie sicher, dass das EU-Bauproduktenrecht den EU-weiten Marktzugang für Bauprodukte erleichtert und nicht erschwert? Erläutern Sie vor diesem Hintergrund die von Ihnen geplante Begrenzung europaweiter Regulierung.
Wie wir bei Frage 7 geschildert haben, setzen wir uns für übersichtliche, einfache und transparente Regelungen ein, um den bürokratischen Aufwand zu verringern - das gilt auch für Bauprodukte.