Wahlprüfstein Europawahl 2024

Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland

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Welche Bedeutung hat Social Entrepreneurship für die Lösung aktueller und zukünftiger gesellschaftlichen Herausforderungen in der EU für ihre Partei?
Die Linke teilt die Position, dass Unternehmen einen größtmöglichen gesellschaftlichen Nutzen stiften müssen. Doch viele Unternehmen - insbesondere börsennotierte Konzerne - sehen Profit als wichtigste Erfolgsgröße. Das hat eklatante Folgen für Mensch und Natur in der ganzen EU und weltweit. Dem Profitinteresse von Konzernen stellen wir uns entgegen. Wir wollen Privateigentum aufbrechen und andere Eigentumsformen fördern: Eigentum von Kommunen, von Beschäftigten oder von Bürger*innen – vom klassischen Regiebetrieb über Stadtwerke bis hin zu Genossenschaften. Die Daseinsvorsorge soll gemeinnützig werden: Gewinne in der Gesundheit und im Wohnungsbau müssen reinvestiert werden. Die Linke setzt sich für mehr Mitbestimmung von Beschäftigten bei wirtschaftlichen Fragen wie Investitionen, Betriebsschließungen, Verlagerung und Entlassungen ein. Für eine EU der sozialen Gerechtigkeit, in der Unternehmen sich dem Wohl der Gesellschaft und Natur verpflichten.
Themen: Investitionen

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Welche wichtigsten Hebel wollen Sie auf europäischer Ebene in Bewegung setzen, um das Potenzial vom Social Entrepreneurship für die Gesellschaft zu entfesseln?
Die Linke fordert bei der öffentlichen Auftragsvergabe, der Bewilligung von Fördergeldern, öffentlichen Krediten sowie Direkthilfen eine enge Bindung an soziale, ökonomische und ökologische Ziele. Über den Einsatz öffentlicher Mittel wollen wir eine nachhaltige Wirtschaftsweise von Unternehmen fördern und die öffentliche Rahmensetzung durch Gesetze und Verordnungen ergänzen. Unternehmen, die soziale und ökologische Kriterien umsetzen und sich einem größtmöglichen gesellschaftlichen Nutzen verpflichten, erhalten einen besseren Zugang zu Förderungen. Damit geht einher, dass die Arbeit der Beschäftigten verbessert wird. Das heißt: Öffentliche Aufträge an Tariftreue binden, Vetorechte der Beschäftigten gegen Kahlschlag in Unternehmen und wirksame Mitbestimmung bei Entscheidungen über Standortschließungen, Massenentlassungen und Zukunftsinvestitionen.
Themen: Investitionen

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Wie unterstützen Sie die Schaffung bedarfsgerechter und wirkungsorientierter Finanzierungsinstrumente für Sozialunternehmen auf europäischer Ebene?
Zur Lösung bestehender Krisen – soziale Krise, Klimakrise und der sozial-ökologische Umbau der Wirtschaft - wird eine zielorientierte Mittelvergabe immer entscheidender. Wir fordern eine kohärente und konsistente öffentliche Innovationsstrategie vor, die sich an gesellschaftlichen Zielen orientiert und soziale und ökologische Unternehmen unterstützt. Eine europäische Finanzierung wollen wir erreichen, indem öffentliche Banken, wie die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Kreditanstalt für den Wiederaufbau (KfW), nur noch nachhaltige Investitionen tätigen sollen. Die EZB soll nicht weiter Anleihen von Unternehmen mit hohen CO2-Emissionen aufkaufen und dadurch den Klimaschutz unterlaufen. Sie braucht starke soziale und ökologische Standards und muss ihrer Verantwortung in der Förderung von Klimaschutz gerecht werden. Darüber hinaus wollen wir den Just Transition Fund stärken und ausweiten: Alle von der Transformation betroffene Regionen sollen unterstützt werden.
Themen: Investitionen

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Unterstützen Sie die Fortführung der Intergroup für Social Economy in der kommenden Legislaturperiode und wird Ihre Partei sich dort engagieren?
Ja, wir unterstützen die Fortführung der Intergroup. Die Intergroup zum Thema Social Economy ist ein wichtiger Austauschraum zwischen Mitgliedern des EU-Parlaments, der Kommission, den Mitgliedstaaten und der Zivilgesellschaft. Wir fordern, dass die Interessen der Beschäftigten berücksichtigt und verschiedene Stimmen der Zivilgesellschaft eingebunden werden, darunter Gewerkschaften und Umwelt- und Sozialverbände. Gegen den Einfluss durch Konzerne und Lobbyverbände braucht es ein öffentliches und rechtsverbindliches Lobby- und Transparenzregister, das ihren Einfluss sichtbar macht. Absprachen der Intergroup müssen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Europäische Linke (GUE/NGL) wird sich weiterhin aktiv an der Intergroup beteiligen, um sicherzustellen, dass soziale Gerechtigkeit und die Interessen der Beschäftigten angemessen berücksichtigt werden.
Themen: Investitionen

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Unterstützen Sie eine Anpassung der De-minimis-Beihilfegrenze auf eine Million Euro für Unternehmen der Social Economy?
Ja, wir unterstützen eine höhere De-minimis-Beihilfsgrenze für Unternehmen, die strenge soziale und ökologische Kriterien erfüllen - darunter Mitbestimmungsrechte, Beschäftigungsgarantien und die Stärkung der Tarifbindung. Unternehmen der Sozialwirtschaft - wie Genossenschaften, gemeinnützige Organisationen und Sozialunternehmen - sind in Bereichen des Gemeinwohls und der Daseinsvorsorge (z.B. Gesundheitswesen, Bildungssektor und öffentlicher Nahverkehr) besonders wichtig. Eine Erhöhung der De-minimis-Beihilfegrenze würde sie finanziell unterstützen, was sich positiv auf den Alltag vieler Menschen in Europa auswirken würde.
Themen: Investitionen

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Wie unterstützt ihre Partei das Vorhaben, die grenzüberschreitende Tätigkeit von gemeinnützigen Organisationen (European cross-border associations) durch Äquivalenzprüfungen für Gemeinnützigkeit sowie bessere Bedingungen für grenzüberschreitende Spenden und Kooperationen zu erleichtern?
Die Linke setzt sich für die Demokratisierung der EU ein. Das beinhaltet eine stärkere Beteiligung von Bürger*innen und die Förderung einer europaweiten Zivilgesellschaft. Wir unterstützen die Entscheidung der EU zur Förderung von grenzüberschreitenden gemeinnützigen Organisationen. Um Einheitlichkeit bei Gemeinnützigkeit zu schaffen, sind Äquivalenzprüfungen wichtig. Die Prüfungen müssen transparent und fair gestaltet sein, um Diskriminierung zu verhindern. Wichtig ist, dass strenge Kriterien der Gemeinnützigkeit gelten. Darunter fällt, dass soziale Standards eingehalten werden, darunter Einhaltung von Arbeitsstandards und existenzsichernden Löhnen. Bessere Bedingungen für grenzüberschreitende Spenden unterstützen wir, solange die Spenden für die Öffentlichkeit transparent und nachvollziehbar gemacht werden. Damit soll offengelegt werden, ob und wie gemeinnützige Organisationen durch Großspenden von privaten Unternehmen beeinflusst sein könnten.
Themen: Investitionen

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Unterstützen Sie die Schaffung eines European Commissioners für den Bereich Social Economy?
Nein, die alleinige Schaffung eines European Comissioners für den Bereich Social Economy geht uns nicht weit genug. Im Gegenteil: Er würde dazu führen, dass weniger Anreize bestehen, an den bestehenden ökonomischen Verhältnissen etwas zu verändern. Es braucht aber eine tiefgreifende Änderung der europäischen Art zu wirtschaften. Wir fordern, dass die gesamte EU sozialer und ökologischer wird. Dafür müssen die Strukturen der EU – und damit Teile der EU-Verträge - so verändert werden, dass private Profite nicht vor Gemeinwohl stehen. Das beinhaltet auch, die EU-Kommission und das EU-Parlament vor dem Einfluss von Konzernen und Lobyist*innen zu schützen. Deswegen fordern wir ein öffentliches und rechtsverbindliches Lobby- und Transparenzregister, das den Einfluss von Lobbygruppen auf europäische Parlamentsmitglieder und die Gesetzgebung sichtbar macht.
Themen: Investitionen

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Wie unterstützen Sie die Weiterentwicklung der europäischen Richtlinien und Verordnungen für eine ökologisch und sozial nachhaltigere öffentliche Beschaffung?
Die Linke steht für die Modernisierung des Vergaberechts. Verstöße gegen Umwelt-, Arbeits- und Sozialrecht sind für uns Ausschlussgründe bei der Vergabe von öffentlichen Ausschreibungen. Die aktuelle EU-weite Ausschreibungspflicht für kommunale Dienstleistungen lehnen wir ab. Bei Vergabe von Aufträgen durch öffentliche Träger braucht es strenge soziale (Tarifpflicht) und ökologische Kriterien. Dazu fordern wir eine weitere Lockerung der Beihilferegelungen und die Reform der europäischen Schuldenbremse: Kommunen und Länder brauchen finanzielle Spielräume, um eine sozial und ökologisch gerechte öffentliche Daseinsvorsorge zu organisieren. Perspektivisch wollen wir eine sozial-ökologische Wirtschaftskammer einrichten, die regionale Leuchtturmprojekte und Unternehmensgründungen im Bereich solidarischer Ökonomie durch Beratung und finanzielle Förderung unterstützt.
Themen: Investitionen