Wahlprüfstein Europawahl 2024

Seebrücke Schleswig- Holstein

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Wie stehen Sie zu einem europäischen Seenotrettungsprogramm? Inwiefern werden Sie sich für eine solche Mission einsetzen?
Wir fordern ein europäisches Seenotrettungsprogramm. Seenotrettung ist nicht nur legal, sie ist nach dem internationalen Seerecht Pflicht. Es braucht eine EU-finanzierte Seenotrettungsmission, um das Massensterben auf dem Mittelmeer zu beenden und die Ausschiffung in einen sicheren Hafen in der EU zu gewährleisten. Es muss ein effektiver und ausfinanzierter Überwachungsmechanismus gegen Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen geschaffen werden, damit Rechtsbrüche dokumentiert und verfolgt werden können. Die EU kommt der Pflicht zur Seenotrettung nicht nach. Deshalb versucht die Zivilgesellschaft, diese Lücke zu schließen. Dieses Engagement muss gewürdigt und unterstützt werden! Zivile Seenotrettung darf nicht systematisch behindert oder unter Strafe gestellt werden.

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Wie wollen Sie in Zukunft von staatlicher Seite illegale Push-backs gegen fliehenden Menschen verhindern?
Wir fordern einen effektiven und ausfinanzierten Überwachungsmechanismus gegen Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen. Auch Frontex war in der Vergangenheit zumindest indirekt an Pushbacks beteiligt. Wir fordern, dass die EU ihrer Aufklärungspflicht nachkommt. Damit diese rechtswidrige Praxis von Frontex in Zukunft effektiv unterbunden werden kann, setzen wir uns dafür ein, dass Frontex in eine europäische Rettungsmission umgewandelt wird. Darüber hinaus wollen wir, dass Vertragsverletzungsverfahren gegen EU-Mitgliedsstaaten eingeleitet werden, wenn diesen illegale rechtswidrige Pushbacks nachgewiesen werden.

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Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems wurde beschlossen. Wie stehen Sie zu den geplanten Haftzentren? Wollen Sie diese Haftzentren an den europäischen Außengrenzen umsetzen oder stellen Sie sich dagegen? Inwiefern setzen Sie sich für das eine oder das andere ein?
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) lehnen wir ab. Wir wollen ein vollwertiges, individuelles Recht auf Asyl und eine solidarische und humane Migrations- und Asylpolitik, die die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention und insgesamt die Menschenrechte und die Humanität zum Maßstab ihres Handelns nimmt. Wir stellen uns gegen die geplanten Haftzentren an den europäischen Außengrenzen. Es muss rechtssichere Verfahren für Asylsuchende geben. Sie dürfen nicht als Kriminelle angesehen und behandelt werden.

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Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Standards an Sichere Herkunftsländer heraufgesetzt und nicht herabgesetzt werden?
Ja. Wir wollen einheitliche Schutzstandards auf hohem Niveau; die Verlagerung der Verantwortung auf andere Staaten mithilfe von – angeblich – sicheren Drittstaaten- oder Herkunftsländerregelungen wollen wir beenden. Die GEAS Reform muss rückgängig gemacht werden und in diesem Zuge muss auch die Definition, was als „sicheres Herkunftsland“ gilt grundsätzlich überarbeitet werden. Die Standards, die festlegen, was ein „sicheres Herkunftsland“ charakterisiert, müssen deutlich angehoben werden.
Themen: Flucht & Asyl

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Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Solidaritätsmechanismus im Rahmen der GEAS-Reform für solidarische Zwecke verwendet wird, um Schutzsuchende und aufnehmende Kommunen zu unterstützen, statt für gewaltvollen Grenzschutz oder Organisationen wie Frontex? Falls ja, wie wollen Sie das konkret um?
Ja. Wir wollen eine europäische Fluchtumlage, um Verantwortung gerecht zu teilen. Sie knüpft an die Wünsche und Interessen der Geflüchteten an und berücksichtigt bestehende Familienbindungen, sprachliche Kenntnisse und individuelle Umstände. Wir wollen einen EU-Fonds für Willkommenskommunen, der Geflüchteten Bewegungsfreiheit sichert und aufnahmebereiten Kommunen und solidarischen Städten hilft. Kommunen, die die Bedingungen für Willkommenskultur verbessern wollen, können damit Mittel für Versorgung und Integration von Geflüchteten beantragen. Diese Investitionsmittel können von ihnen allgemein für die öffentliche Daseinsvorsorge genutzt werden. EU-weite Lösungen setzen eine länderübergreifende Zusammenarbeit und gemeinsame Konzepte voraus. Dafür sollen die Interreg-Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) für die Zusammenarbeit zwischen Regionen und Ländern innerhalb der EU zur Verfügung gestellt werden.
Themen: Flucht & Asyl

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Wie stehen Sie zu Frontex? Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass diese europäische Agentur unabhängig geprüft, kontrolliert und bei Menschenrechtsverstößen zur Rechenschaft gezogen werden kann?
Wir wollen, dass Frontex sämtliche finanzielle Mittel zur weiteren Aufrüstung und Militarisierung entzogen werden und diese europäische Agentur in eine europäische Rettungsmission umgewandelt wird. Es braucht einen effektiven und ausfinanzierten Überwachungsmechanismus gegen Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen, damit Rechtsverstöße dokumentiert und geahndet werden können.

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Was sind Ihre Maßnahmen, um dem Rechtsruck im europäischen Parlament entgegenzuwirken?
Wir wollen den Rechten in Europa den Nährboden entziehen, denn viele Menschen fühlen sich von der EU im Stich gelassen. Die Preise steigen, der Alltag funktioniert nicht mehr. Bis in die europäischen Kommunen hinein werden die Interessen von Teilen der Bevölkerung gegen die anderer gestellt. Statt Geflüchtete gegen angemessene Löhne auszuspielen, wollen wir Umverteilung von oben nach unten. Rechte Parteien werden nicht geschwächt, sondern gestärkt, wenn die Regierungsparteien ihren Forderungen entgegenkommen, etwa bei der Abschaffung des Asylrechts in der EU zuzustimmen. Gegen die Spaltung der Gesellschaft braucht es eine gute Sozialpolitik, deshalb fordern wir massive Investitionen in der EU in die öffentliche Infrastruktur – bezahlbarer Wohnraum, gute Arbeit und Bildung, gute Gesundheitsversorgung und einen ausgebauten kostenfreien Nahverkehr. Nur so kann ein gutes Leben für alle gewährleistet werden. Auf diese Weise wird der Rechten in Europa der Nährboden entzogen und das Ausspielen von Menschen gegeneinander beendet.
Themen: Flucht & Asyl

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Könnten Sie uns bitte erläutern, wie Sie dazu beitragen können, dass Europa mehr Verantwortung für Fluchtursachen und deren Bekämpfung übernimmt, einschließlich der Finanzierung von Kriegen und der Bewältigung der Klimakrise?
Die EU trägt Mitverantwortung für ausgreifende Armut, zunehmenden Hunger und Perspektivlosigkeit in vielen Regionen, insbesondere des Globalen Südens. Es ist schändlich, wie die EU als Trägerin des Friedensnobelpreises mit Menschen umgeht, die lebensgefährliche Flucht wagen. Armuts-, Umwelt- und Klimaflüchtlinge müssen verbindliche Flüchtlingsrechte bekommen. Wir fordern die Ausweitung verbindlicher Flüchtlingsrechte auf Umwelt- und Klimaflüchtlinge und entsprechende humanitäre Visa. Es braucht umfassende Aufnahmekontingente über das Resettlement-Programm des UNHCR und die Aufhebung des Visumszwangs für Schutzsuchende. Für eine Bevölkerung, die durch den Klimawandel ihr bisheriges Lebensgebiet verliert, soll die EU internationale solidarische Lösungen herbeiführen bzw. sich daran beteiligen.
Themen: Flucht & Asyl