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Deutscher Mieterbund
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Unterstützen Sie, dass das Recht auf Wohnen als grundlegendes Menschenrecht anerkannt wird, wie in Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte dargelegt?
Ja. Wir setzen uns für ein Recht auf Wohnen ein: bezahlbar, klimagerecht und würdevoll. Das Europäische Parlament hat mit Unterstützung Der Linken eine Resolution verabschiedet, dass jeder Mensch das Recht auf bezahlbares Wohnen hat. Dieses Recht muss verbindlich werden und weitergehen: Um das Recht auf Wohnen durchzusetzen, braucht es gesellschaftliche Kontrolle über den Wohnungssektor. Er darf nicht den Interessen von Immobilienkonzernen oder dem Wildwuchs von Airbnb überlassen werden. Wir kämpfen gemeinsam mit den europäischen Mieter*innen-Bewegungen für Mietobergrenzen und konsequenten Mieter*innenschutz, für die europäische Finanzierung von gemeinnützigem Wohnungsbau und gegen Obdachlosigkeit.
Bereits 2010 und bis heute hat die Fraktion die Linke im Bundestag die Anerkennung und Einführung des Rechts auf Wohnen auch im deutschen Recht gefordert und mit konkreten Maßnahmenvorschlägen untersetzt. Dazu gehören insbesondere die Bereitstellung von mehr sozial gebundenen und gemeinnützigen Wohnungen und weitere Sofortmaßnahmen, wie die verpfllichtende Belegung spekulativen Leerstands.
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Energiepolitik
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Befürworten Sie die Festlegung einer Obergrenze der Wohnkosten von 25 % des verfügbaren Haushaltseinkommens (einschließlich Energie und Betriebskosten) bis 2030, was durch eine wirksame Mietpreisregulierung, Mietpreiskontrolle und Wohngeld erreicht werden soll?
Ja. Wir sehen die aktuelle Wohnkostenbelastung insbesondere von Haushalten mit geringen und mittleren Einkommen als viel zu hoch an. Jeder 4. Miethaushalt in der EU muss über 40 Prozent der oft geringen Einkommen für Wohnen und Wärme ausgeben. Damit sind viele Haushalte überlastet. Deshalb wollen wir als Obergrenze für warme Wohnkostenbelastung max. 25-30 Prozent ansetzen.
Weder der Soziale Wohnungsbau noch das Wohngeld dürfen genutzt werden, um private Investoren zu subventionieren - auch wenn für viele das Wohngeld gerade eine wichtige Entlastung bietet. Der Bau von Sozialwohnungen muss dauerhaft in die Hand gemeinnütziger Akteure gelegt werden. Einmal gefördert, immer in der Sozialbindung: Öffentlich geförderte Wohnungen müssen dauerhaft preisgebunden bleiben. Und wir wollen verbindliche Mietobergrenzen und ein Verbot von Indexmietverträge in der ganzen EU. Dadurch wird das Wohngeld mittel- und langfristig in weniger Fällen nötig.
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Energiepolitik
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Befürworten Sie das Ziel, bis 2030 in jedem Mitgliedstaat und jeder Gemeinde in der EU eine Mindestquote von mindestens 30 % für sozialen und erschwinglichen Wohnraum anzustreben, was durch einen speziellen EU-Fonds und einer Kombination mit nationalen finanziellen Maßnahmen unterstützt werden soll?
Ja. Eine Quote von 30 Prozent sozialen, gemeinnützigen und bezahlbaren Wohnraums ist EU-weit anzustreben. Ein großer gemeinnütziger Wohnungssektor hält die Mieten bezahlbar – wie etwa in Wien. Um der Wohnungskrise endlich entgegenzuwirken, müssen die Investitionen in den bezahlbaren, sozialen Wohnungsbau massiv ausgeweitet werden und in den Aufbau eines gemeinnützigen Wohnungssektors fließen. Wir wollen Förderprogramme der Europäischen Investitionsbank für gemeinnützigen Wohnraum schaffen. Investitionen in gemeinnützigen Wohnraum sind Investitionen in eine gerechte Zukunft und dürfen nicht auf Schulden angerechnet werden. Die Vergesellschaftung von Wohnraum kann helfen, den gemeinnützigen Wohnungssektor zu vergrößern und den Wohnungsmarkt sozial zu stabilisieren.
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Energiepolitik
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Befürworten Sie eine Regulierung des Zugangs von renditeorientierten Unternehmen des Kapitalmarkts in den Wohnungsmarkt, um der Finanzialisierung entgegenzuwirken, Monopole zu verhindern und den Verkauf öffentlicher und erschwinglicher Wohnungsbestände zu stoppen?
Ja, keine Profite mit der Miete! Wir wollen Schluss machen mit der finanzialisierten Wohnungswirtschaft. Pensions- und andere Fonds sowie große institutionelle Investoren investieren Milliarden in Wohnraum und spekulieren auf hohe Renditen. Das kurbelt die Mietpreisspirale weiter an. Wir wollen ein Investitionsverbot von Fonds in Wohnraum und Wohnungsunternehmen. Wohnen gehört in öffentliche und gemeinnützige Hände. Wir unterstützten Initiativen zur Vergesellschaftung von großen Immobilienkonzernen: In Deutschland überführen wir Wohnraum in Anstalten öffentlichen Rechts, andere Länder haben dafür andere Rechtsgrundlagen. Die EU darf Enteignung von Wohnungskonzernen nicht unterbinden.
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Energiepolitik
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Sollten Kurzzeitvermietungen reguliert werden, um die Verdrängung von Wohnraum aus dem regulären Wohnungsmarkt zu verhindern, die Rechte der Mieter zu schützen und Probleme wie Verdrängung, Touristifizierung und Gentrifizierung zu mindern?
Ja, wir wollen der Zweckentfremdung von Wohnraum durch Plattformen wie Airbnb und Co den Boden entziehen. Überall in Europa wird Wohnraum für Ferienunterkünfte missbraucht. Dadurch werden reguläre Wohnungen dem Wohnungsmakrt entzogen und die Preise extrem gesteigert. Das wollen wir verhindern. Für nichtkommerziellen Wohnungstausch von privat zu privat wollen wir eine faire Alternative schaffen. Die Zweckentfremdung von ganzen Wohnungen oder Häusern wollen wir verbieten. Das sichert Wohnraum dort, wo er besonders knapp ist: in nachgefragten Städten und Regionen. Grundsätzlich machen wir Stadtpolitik gemeinsam mit den Menschen: Demokratie und Partizipation in der Stadtentwicklung, wie beispielsweise in Barcelona, können zum Antrieb sozialökologisch gerechter Stadtpolitik werden. So können Touristifizierung, Gentrifizierung und Verdrängung verhindert und die Städte lebenswert bleiben oder wieder werden.
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Energiepolitik
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Sollte die EU ihre Regeln für staatliche Beihilfen im sozialen Wohnungsbau überarbeiten, um sicherzustellen, dass ein breiter Teil der Bevölkerung Zugang zu erschwinglichem Wohnraum hat, anstatt ihn nur auf sozial benachteiligte Gruppen zu beschränken?
Ja. Wir wollen die Investitionen in den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau europaweit stärken. Gemeinnütziger Wohnraum wird dezentral vor Ort geschaffen: Kommunen, Genossenschaften und selbstverwaltete Wohnprojekte müssen dabei rechtlich und finanziell von der EU unterstützt werden. Wir fordern einen EU-Kommunalisierungsfonds, mit dem die EU Kommunen dabei unterstützt, Wohnungen (zurück) zu kaufen und gemeinnützig zu vermieten. Die Bevorzugung von gemeinnützigem Wohnraum darf nicht mehr von der EU behindert werden, wie das gerade mit dem EU-Beihilferecht passiert. Sozialer und gemeinnütziger Wohnungsbau soll keine Nothilfe für die Ärmsten, sondern leitendes Prinzip und breites Angebot für verschiedene gesellschaftliche Gruppen und Klassen sein: Damit alle dort wo sie möchten bezahlbar zur Miete wohnen können.
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Befürworten Sie, als Mindestanforderung für Energiegesetze, die Gewährleistung von Warmmietenneutralität bei der Erhöhung der Energieeffizienz von Wohnungen, damit Renovierungskosten gerecht verteilt und Mieterhöhungen durch Energieeinsparungen ausgeglichen werden?
Ja, im Rahmen von Energiegesetzgebung ist ökologische Effizienz und Warmmietenneutralität sicherzustellen. Für eine sozial gerechte Wärmewende braucht es gesellschaftliche Kontrolle – ansonsten finden Immobilienkonzerne immer Wege, um die Miete zu erhöhen. In Deutschland muss die Modernisierungsumlage abgeschafft werden, damit die Kosten nicht auf die Mieter*innen umgelegt werden können. Wir wollen, dass Förderung an klare soziale und ökologische Kriterien gekoppelt wird. Ein gemeinnütziger Wohnungssektor garantiert die sozial gerechte Wärmewende. Die Einbeziehung des Gebäudesektors in den Europäischen Emissionshandel ETS 2.0 lehnen wir ab, denn eine pauschale Bepreisung ist sozial ungerecht. Mieter*innen haben keinen Einfluss auf Heizung und Sanierung ihrer Wohnung. Der vorgeschlagene Klimasozialfonds ist zu niedrig ausgestattet und muss aufgestockt werden. Die Gelder wollen wir für die Ausweitung des gemeinnützigen Wohnungssektors einsetzen.
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Sind Sie der Meinung, dass der gleichberechtigte Zugang zu energieeffizientem Wohnraum für alle Bürger, unabhängig von ihrem Einkommen, Priorität haben sollte und dass die EU-Mittel zur Unterstützung dieses Ziels (unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips) zur Verfügung stehen sollte?
Ja, für eine soziale Wärmewände müssen insbesondere Haushalte mit geringen Einkommen energieeffiziente Wohnungen bekommen. Bei der Novelle der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) unterstützen wir EU-Mindestenergiestandards (MEPS), bei denen die Gebäude zuerst saniert werden müssen, die den schlechtesten Energiestandard haben und am schlechtesten gedämmt sind. In schlecht sanierten Häusern leben überdurchschnittlich viele Gering- und Durchschnittsverdienende. Bei solchen Sanierungen kann die starke Verringerung der Treibhausgase ganz praktisch mit Alltagsverbesserung für diejenigen verbunden werden, die es am meisten brauchen. Wenn es zugig ist, ist das nicht nur schlecht für die Energiebilanz, sondern kann auch krank machen.
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