Wahlprüfstein Europawahl 2024

Audit Committee Institute e.V.

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Welchen Schwerpunkt soll die europäische Wirtschaftspolitik in der kommenden Legislaturperiode haben? Durch welche konkreten Maßnahmen soll die grüne Transformation der Wirtschaft weiter vorangetrieben werden?
Die Linke setzt sich mit einer aktiven Industriepolitik für den sozialen und ökologisch gerechten Umbau der Wirtschaft ein. Staatliche Unterstützung wollen wir an Tarifbindung, gute Arbeit und ökologisch sinnvolle Investitionen binden. Mitbestimmung der Beschäftigten wollen wir ausweiten. Konkret fordern wir u.a.: - Klimaschutzdifferenzverträge (CCfD), das sind finanzielle Hilfen für energieintensive Industrien, die die Mehrkosten klimafreundlicher Produktion ausgleichen, so dass diese Betriebe wettbewerbsfähig bleiben und Arbeitsplätze erhalten werden. - die Ergänzung der Kriterien für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen um soziale, arbeitsrechtliche (Tariftreue) und ökologische Kriterien. - mehr strategische Förderprojekte (IPCEI) der EU, die strikter nach sozialen und ökologischen Kriterien vergeben werden. - die Gründung einer europäischen Industriestiftung, die gezielt Anteile an Unternehmen erwirbt, die von besonderer Bedeutung für die grüne Transformation sind. So kann der klimaneutrale Umbau gesteuert und forciert werden. Die Mittel dafür werden durch die Europäische Investitionsbank (EIB) zur Verfügung gestellt. - eine Ausweitung der Ausnahmen bei den Wettbewerbs- und Beihilferegelungen in Artikel 101 und 107 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), wenn Unternehmenskooperationen oder Fördergelder einen wesentlichen Beitrag für den sozialen und ökologischen Umbau der Wirtschaft leisten.

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Durch welche konkreten Maßnahmen soll die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der europäischen Unternehmen in Sachen KI und Digitalisierung gestärkt werden sowie gleichzeitig Datensicherheit und -schutz gewährleistet werden?
Bei der KI muss wie bei allen wichtigen technologischen Innovationen die Politik erreichen, dass diese zum Wohle der Menschen und für einen gesellschaftlichen Mehrwert entwickelt und genutzt werden. Um die Risiken der KI einzudämmen, müssen ihre Algorithmen und die Daten, mit denen sie trainiert werden, öffentlich, nachvollziehbar und überprüfbar sein. Die Linke fordert eine aktives und vorausschauendes politisches Eingreifen: Forschung und Entwicklung von KI-Anwendungen, von denen ein gesellschaftlicher Nutzen zu erwarten ist, wollen wir fördern. Ebenso wollen wir kritische Forschung zu Risiken der KI fördern. Wo die Risiken überwiegen, müssen Verbote greifen, wenn Grundrechte, Datenschutz oder Gleichbehandlung gefährdet sind. Das gilt z.B. bei automatisierter Gesichtserkennung und Verhaltensklassifikation in öffentlich zugänglichen Räumen. Wo KI Entscheidungen trifft oder unterstützt, die Auswirkungen für Menschen haben, müssen diese immer nachvollziehbar sein und es einen Anspruch darauf geben, dass Menschen die Entscheidungen prüfen und ggf. revidieren. Und nicht zuletzt: KI verbraucht sehr viel Energie, sodass sie auch aus Klimaschutzperspektive nur dann eingesetzt werden sollte, wenn sie gesellschaftlich nützlich ist.

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Welche konkreten Maßnahmen sollen speziell kleine und mittlere Unternehmen fördern und insbesondere von Bürokratie entlasten?
Die Linke will regionale Wirtschaftskreisläufe stärken und Transportwege verkürzen. Bei öffentlichen Ausschreibungen der Kommunen wollen wir lokale Unternehmen mit guten Arbeitsbedingungen bevorzugen. Das entlastet von Bürokratie und hilft vor allem kleinen und mittleren Unternehmen. Wir wollen die Förderung für den Strukturwandel, wie den Just Transition Funds massiv ausweiten und Mittel für alle Regionen bereitstellen, die von der Transformation betroffen sind. Über die Verwendung dieser Mittel bestimmen regionale Wirtschafts- und Transformationsräte, in denen die lokalen Unternehmen neben Gewerkschaften und Umwelt- und Sozialverbände vertreten sind. Unnötige Bürokratie abbauen ist richtig: Die zweckgerechte Verwendung öffentlicher Mittel muss dennoch weiter dokumentiert werden und überprüfbar sein. Umwelt-, Klimaschutz und Rechte für Beschäftigte dürfen nicht unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus verringert werden. Wir wollen Regelungen übersichtlich, einfach und transparent gestalten, um den bürokratischen Aufwand zu verringern. Die bisher unübersichtliche Vielzahl von Förderprogrammen der EU wollen wir deshalb zusammenlegen und den Zugang vereinfachen.

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Welche handelspolitischen Maßnahmen sind erforderlich, damit die europäische Wirtschaft im Wettbewerb zwischen den Wirtschaftsblöcken China und den USA besteht? Inwiefern ist dies in die EU-Handelspolitik einzubetten und durch welche konkreten Maßnahmen/Abkommen sollen diese Ziele erreicht werden?
Handelspolitik ist heute mehr als Vereinbarungen zu Zöllen und Einfuhrabgaben. Sie richtet sich oft gegen sogenannte 'nichttarifäre Handelshemmnisse'. Das sind aber genau die Regeln, die Menschen und Natur schützen und soziale Standards erhalten. Handelspolitik ist für die EU ein Instrument, um für den globalen Süden die Rolle des Lieferanten von Rohstoffen unter Wert festzuschreiben. Und ein Instrument der geopolitischen Konkurrenz zwischen Wirtschaftsblöcken. Doch zugespitzte Konkurrenz ist der falsche Weg. Der soziale und klimagerechte Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft ist eine epochale Herausforderung. Er erfordert mehr grenzübergreifende Kooperation statt Konkurrenz und Konflikte. Wir streiten für eine gerechte Welthandelsordnung, mit umfassenden Abkommen zu wirtschaftlicher Kooperation, Begrenzung der Extraktion mineralischer Rohstoffe auf das Notwendige, zum Erreichen der Klimaziele, für Armutsbekämpfung und globale soziale Gerechtigkeit. Ein Einstiegsprojekt in eine solche Politik ist ein starkes EU-Lieferkettengesetz, das soziale und ökologische Standards garantiert.
Themen: Handelspolitik

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Mit welchen konkreten Maßnahmen soll die EU ihre Rohstoffversorgung sichern? Wie wird Kreislaufwirtschaft hierbei berücksichtigt? Welche Maßnahmen dienen einer sicheren Versorgung Europas mit Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen?
Der Ressourcenabbau stößt an seine natürlichen Grenzen. Auch die Produktion grüner Technologien ist abhängig von vielen Rohstoffen (wie seltene Erden), die es in der EU nicht in ausreichendem Maße gibt, bzw. die bisher nicht in der EU gefördert werden. Die Linke setzt sich deshalb für eine nachhaltige Nutzung knapper Ressourcen ein. Wir wollen raus aus der Wegwerfgesellschaft und rein in die Kreislaufwirtschaft, dafür benötigen wir strengere Vorgaben für Haltbarkeit und keine Sollbruchstellen. Unser Ziel ist eine möglichst lange Lebensdauer von Produkten. Wir wollen Reparieren und Wiederverwenden, statt wegzuschmeißen. Wenn etwas entsorgt werden muss, dann bestmöglich recyceln, damit wir wertvolle Rohstoffe wieder zurück in den Kreislauf führen können. Wir wollen eine Mobilitätswende mit weniger Ressourcen-fressenden Autos und mehr, bezahlbarem öffentlichen Nahverkehr und einer Bahn, die Europa verbindet. Wir wollen eine europaweite Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien, die nicht in der Hand von Konzernen ist, sondern von Bürger*innen, von Kommunen und Genossenschaften. Dazu bedarf es wirksamer ordnungspolitischer Maßnahmen und eines historischen Investitionsprogramms mit öffentlichem Geld, das dann auch zu öffentlichem Eigentum und Beteiligungen führt. Mit Energieversorgung aus öffentlicher Hand werden wettbewerbsfähige Preise für die Industrie und soziale Preise für Bürger:innen erst möglich.

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Inwieweit soll die europäische Steuer- und Finanzpolitik, inkl. der der europäischen Fiskalpolitik, reformiert werden? Inwieweit bedarf das EU-Beihilfe- und -Vergaberecht einer Reform?
Steuerpolitik: Durch Steuerflucht gehen den EU-Staaten jährlich 883 Milliarden verloren. Steueroasen trocknen wir aus! Wir beteiligen Konzerne stärker an der Finanzierung des Gemeinwesens, um die Armut in der EU abzuschaffen, die Wirtschaft sozial und ökologisch umzugestalten und die öffentliche Daseinsvorsorge zu stärken: Wir fordern einen globalen Mindeststeuersatz für Unternehmen von 25% und bekämpfen so Steuerdumping; mit einer Übergewinnsteuer von 90% auf alle Krisenprofite gibt es keine Anreize mehr Preise in die Höhe zu treiben; mit einer Finanztransaktionssteuer gehen wir gegen Spekulation vor. Außerdem streiten wir für europaweit abgestimmte Regelungen für eine Mindestbesteuerungen von hohen Vermögen, Erbschaften und Schenkungen. Fiskalpolitik: Den Fiskalpakt wollen wir abschaffen. Er verhindert notwendige öffentliche Investitionen in die Zukunft. Beihilferecht: Insbesondere die Wettbewerbs- und Beihilferegelungen in Artikel 101 und 107 des Vertrages der Arbeitsweise der Europäischen Union müssen abgeändert werden: Ausnahmen müssen zugelassen werden, wenn die Beihilfen einen wesentlichen Beitrag für den sozialen und ökologischen Umbau der Wirtschaft leisten. Vergaberecht: Die Regeln für die öffentliche Auftragsvergabe müssen so verändert werden, dass Kommunen und andere öffentliche Auftraggeber*innen nach sozialen, arbeitsrechtlichen und ökologischen Kriterien ausschreiben und entscheiden dürfen. Öffentliches Geld gibt es nur noch bei guter Arbeit und Tariftreue.

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Durch welche konkreten Maßnahmen soll der Fachkräftemangel bekämpft werden?
Investitionen in Bildung und Ausbildung sind der Schlüssel, um den Fachkräftemangel wirksam zu bekämpfen. Gute Bildung beginnt im Vorschulalter, weshalb Kitas ausreichend mit Personal und Material ausgestattet sein müssen. Allein für Deutschland fordert Die Linke 58 Milliarden Euro pro Jahr zum Ausbau und Sanierung von Kitas und Schulen, für eine flächendeckende Ganztagsbetreuung und besserer Inklusion. Den Personalmangel bei Erzieher*innen und Lehrer*innen wollen wir stoppen. Das deutsche duale Ausbildungssystem ist erfolgreich, nicht zuletzt, weil es durch Gewerkschaften mitgestaltet wird. Wir wollen es stärken: Dafür brauchen wir eine solidarische Umlagefinanzierung, die alle Betriebe in die Pflicht nimmt, genug Ausbildungsplätze zu schaffen. Migrant*innen müssen besseren Zugang zu Bildung, Ausbildung und Qualifizierung erhalten. Mehrere EU-Mitgliedsstaaten erproben aktuell unterschiedliche Modelle zur 4-Tage-Woche. Die Ergebnisse sind ermutigend: die Produktivität steigt ebenso wie die Attraktivität für engagierte Fachkräfte. Wir sind für eine 4-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich.

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Inwieweit soll die europäische Zusammenarbeit bei der Außen- und Sicherheitspolitik verstärkt werden?
Eine multipolare Welt braucht internationale Verhandlungsformate und eine neue Sicherheits- und Entspannungspolitik. Doch trägt die EU allzu oft zur Eskalation bei und ist Teil des Machtkampfs großer Mächte, die in verhärteter Konkurrenz zueinanderstehen. Allein in den letzten Jahren wurden die Rüstungsausgaben der europäischen NATO-Mitgliedstaaten von 235 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf 310 Milliarden Euro im Jahr 2022 erhöht. Die Linke setzt dagegen auf Deeskalation, globale Gerechtigkeit und zivile Konfliktlösung, um der sich zuspitzenden Blockkonfrontation eine friedliche Alternative entgegenzustellen. Für uns stellen die Vereinten Nationen den Ansatzpunkt für die Staaten der EU dar, eine gemeinsame zivile Außenpolitik praktisch zu organisieren und global Sicherheit zu schaffen.