Wahlprüfstein Europawahl 2024

Aktionsbündnis gegen AIDS

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Werden Sie sich aktiv für eine nachhaltige Finanzierung des Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria durch die Europäische Kommission einsetzen - einschließlich einer Aufstockung des Budgets im Einklang mit dem aktuellen Bedarf des Globalen Fonds?
Ja. Der Globale Fonds ist das wichtigste und erfolgreichste Instrument in der Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria. Die Linke setzt sich bei den Haushaltsverhandlungen auf EU-Ebene und im Bundestag seit jeher dafür ein, dass die deutschen Beiträge zu UN-Organisationen hochgesetzt werden. Das gilt auch und besonders für UNAIDS und deren Unterorganisationen.

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Es gibt derzeit keine Kofinanzierung der EU-Kommission zu den 715 Mio. EUR, die der GFATM UNAIDS zugesagt hat - der global führenden Organisation für die HIV-Bekämpfung und wichtigsten Anlaufstelle in Programmländern. Wie werden Sie UNAIDS unterstützen und die Ko-Investition in UNAIDS vorantreiben?
Der Kampf gegen Aids, TB und Malaria ist von großer Wichtigkeit. Die Organisationen, die diese wichtigen Aufgaben übernehmen, müssen s mit öffentlichen Geldern unterstützt werden Die Linke setzt sich seit jeher sowohl im Bund wie auf EU-Ebene bei Haushaltsverhandlungen für mehr Mittel öffentlicher Gesundheitsorganisationen ein. Wir wollen die Rolle

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Wie bewerten Sie die vorgesehene EU-Pharmareform in Bezug auf geplante Patentverkürzungen und -Verlängerungen, auf übertragbare Datenexklusivitätsgutscheine zur Entwicklung benötigter antimikrobieller Mittel und welche Auswirkungen erwarten Sie für den globalen Zugang zu bezahlbaren Medikamenten?
Für die Linke steht der universale Zugang zu Gesundheit für alle Menschen weltweit im Vordergrund. Auf Initiative von die Linke hin hat das Europaparlament die Freigabe von Impfpatenten beschlossen. Wir wollen eine öffentlich finanzierte Medizinforschung mit geistigen Eigentumsrechten (zum Beispiel Patenten) in öffentlicher Hand, damit lebenswichtige Medikamente allen kostengünstig zur Verfügung stehen. Die Produktion und Verteilung von Medikamenten darf nicht den Profitinteressen einzelner Pharmaunternehmen untergeordnet werden. Das Gutscheinsystem ist eigentlich ein Monopol-System, von denen ausschließlich die großen Pharmakonzerne profitieren und ihre Marktmacht zementieren werden. Der globale Zugang zu Medikamenten wird dadurch nicht gefördert.

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NGOs im Bereich der globalen Gesundheit sehen sich zunehmend mit geringeren Möglichkeiten der Beteiligung konfrontiert, z.B. bei Konsultationen mit multilateralen Organisationen wie der WHO oder den Vereinten Nationen. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass dieser Trend gestoppt und umgekehrt wird?
Ja. Wir wollen die betreffenden NGOs unterstützen durch Einladungen von Fachleuten in Gremien des Deutschen Bundestages und des EU-Parlaments, Fachgesprächen und anderer parlamentarischer Initiativen zur Stärkung demokratischer Mitbestimmung in der UN und multilateralen Organisationen.

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Weltweit leiden Schlüsselgruppen im Kampf gegen HIV/AIDS zunehmend unter Stigma und Diskriminierung, wie bspw. die Verabschiedung unethischer Gesetze gegen LGBTQI+ Communities in Uganda und Ghana zeigt. Wie soll aus ihrer Sicht das Europäische Parlament auf diese bedenkliche Entwicklung reagieren?
Hier ist es äußerst wichtig auf die jeweiligen Staaten spezifisch und sehr sensibel einzugehen. Die Drohung einer sofortigen Streichung der Entwicklungshilfe hat sich in der Vergangenheit in einigen Staaten als kontraproduktiv erwiesen, da dies als Fortsetzung einer neokolonialen Politik von den dortigen Eliten gelabelt wurde und es dann z.T. zu einer stärkeren Verfolgung von LGBTIQ+ kam. Aus unserer Sicht ist es wichtig, mit den Staaten im Austausch zu bleiben, aber zugleich zu signalisieren, dass Verstöße gegen die universellen Menschenrechte nicht folgenlos bleiben können. Wichtig ist es, mit den dortigen LGBTIQ+-Communities in Verbindung zu treten und sich zu erkundigen, wie man sie unterstützen kann, um bedenkliche Entwicklungen einzudämmen. Einen Kardinalweg gibt es nicht. Aber grundsätzlich sollte die EU weniger paternalistisch auftreten, endlich faire Handelsbeziehungen aufbauen und dies mit einer Förderung von Demokratie und Menschenrechten verbinden.

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Wie ist Ihr Standpunkt zu den laufenden Verhandlungen über ein Pandemieabkommen bei der WHO - insbesondere in Bezug auf die Klausel, dass Hersteller verpflichtet werden sollen, 20 % ihrer pandemiebezogenen Produkte für die weitere Verteilung im Falle einer künftigen Pandemie bereitzustellen?
Wir finden das richtig. Wir wollen eine gut organisierte Vorratshaltung für pandemiebezogene Produkte: damit alle Menschen unabhängig vom Einkommen bestmöglich geschützt werden können und Ärzt*innen und Pflegekräfte gut ausgestattet sind. Globale Pandemien müssen auch global solidarisch bekämpft und ärmere Länder unterstützt werden. Damit die WHO unabhängig ist, muss sie besser durch die Mitgliedstaaten finanziert werden. Es braucht strengere Regeln, um die Beeinflussung durch Konzerne und Lobbyverbände zu unterbinden. Die öffentliche Medikamentenproduktion und -verteilung muss gestärkt werden. Wir wollen eine öffentlich finanzierte Impfstoff-Forschung mit geistigen Eigentumsrechten (zum Beispiel Patenten) in öffentlicher Hand, damit lebenswichtige Impfstoffe allen kostengünstig zur Verfügung stehen.
Themen: Gesundheit

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In Deutschland und der EU kommt es zunehmend zu Engpässen in der medizinischen Versorgung. Mangelnde Transparenz in der Forschung, Beschaffung, Preisgestaltung und Verteilung von Medikamenten sind einer der Gründe für diese Situation. Was werden Sie tun, um die Transparenz in Europa zu stärken?
Engpässe bei der Arzneimittelversorgung sind nicht erst seit der Corona-Pandemie ein Problem. Eine Ursache ist die Strategie der Pharmaindustrie, die Produktion von Arzneimitteln und Zusatzstoffen aus wirtschaftlichen Gründen zum Beispiel nach Indien oder China zu verlagern. Wenn die Liefer- und Produktionsketten brechen, entstehen Lücken in der Versorgung. Wir wollen regionale Wirtschaftskreisläufe stärken. Das macht die Arzneimittelversorgung in der EU sicherer und die EU insgesamt unabhängiger. In der EU-Arzneimittelstrategie muss im Vordergrund stehen, dass die Versorgung sichergestellt ist. Kommt es zu einem Lieferengpass, müssen die pharmazeutischen Unternehmen darlegen, dass der Engpass für sie unabwendbar war. Wir setzen uns bei den Verhandlungen zum EU-Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel dafür ein, dass die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung als wichtige Gemeinwohlaufgabe der Mitgliedstaaten definiert wird. Dieser Gemeinwohlaufgabe muss im EU-Recht Vorrang gegenüber dem freien Binnenmarkt eingeräumt werden. Anreize zur Verlagerung von Produktionskapazitäten in die EU oder nach Deutschland müssen durch klare Auflagen für mehr Versorgungssicherheit flankiert werden (Diversifizierung von Herstellungs- und Zulieferunternehmen, robuste Lieferketten etc.). Arzneimittel werden oft aus Niedrigpreisländern in Hochpreisländer importiert, was in den Exportländern die Versorgungssicherheit gefährdet. Mitgliedstaaten der EU müssen befähigt werden, das zu unterbinden.