Wahlprüfstein Europawahl 2024

Ohne Rüstung Leben

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Werden Sie sich für eine Stärkung des Entwicklungsfonds und für die Aufstockung der Mittel für zivile Krisenprävention und Friedensförderung sowie für Demokratie und Menschenrechte im Globalen Süden einsetzen?
Ja. Die Struktur dieser Bereiche hat sich aber verändert: Bis 2018 existierten für die Umsetzung der EU-Außenpolitik acht verschiedene Finanzierungsinstrumente. Im "Instrument für Nachbarschaft, Entwicklung und internationale Zusammenarbeit" (engl. NDICI) sind davon nun fast alle zusammengelegt – auch der Europäische Entwicklungsfonds. Die EU-Kommission wollte "sich auf strategische Prioritäten“ konzentrieren: geografisch – die europäische Nachbarschaft und Afrika - und in Bezug auf Sicherheit, Bekämpfung der irregulären Migration, Klimawandel und Umwelt sowie Menschenrechte und Demokratie. Wir haben diese Zusammenlegung und Ausrichtung scharf kritisiert. Mit der geplanten Zusammenlegung verschiedener Budgets und Entwicklungshilfe zu einem Instrument (NDICI) wird die EU-Entwicklungshilfepolitik intransparenter und der Fokus verschiebt auf ‚Hilfen‘ bei der Migrationsabwehr. Zudem enthält es, wie vorher schon, das Instrument für Stabilität, die Ausbildung von Polizei und Militär. Das NDICI will die Budgets für sicherheits-, entwicklungs- und friedenspolitische Aufgaben bündeln und „flexibler“ machen. Das führt zu weniger öffentlicher und demokratischer Kontrolle. Die unmittelbare Verknüpfung von Entwicklungshilfe und Migrationsabwehr ist für uns inakzeptabel. So rückt Fluchtursachen zu bekämpfen in den Hintergrund, zugunsten von Abschottung und Bekämpfung „irregulärer Migration“.

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Werden Sie sich für dafür einsetzen, dass die EU auch im Bereich der Nachbarschaftspolitik (in Osteuropa, im westlichen Balkan und in Nordafrika) die Mittel für zivile Krisenprävention und Friedensförderung, Demokratie und Menschenrechte konsequent stärkt?
Ja. Wir wollen Mittel für EU-Nachbarschaftspolitik, zivile Krisenprävention und Friedensförderung, Demokratie und Menschenrechte stärken. Wir haben uns immer für eine Nachbarschaftspolitik auf Augenhöhe und zu beidseitigem Vorteil ausgesprochen. Das entspricht nicht der politischen Ausrichtung der EU- Nachbarschaftspolitik bzw. der Heranführungspolitik bei Beitrittskandidaten wie beispielsweise auf dem Balkan oder in Osteuropa und der Ukraine. Wir unterstützen die Stärkung von ziviler Krisenprävention und Friedensförderung, Demokratie und Menschenrechten, doch die EU-Instrumente sind nicht prioritär auf diese Bereiche ausgerichtet. Das geostrategische Interesse der EU steht im Fokus – das wird offen formuliert. Zudem werden die Budgets aus unserer Sicht auch missbraucht. Beispielsweise wurde das sogenannte EU-Türkei-Abkommen von 2016, das die EU stärker gegen Flüchtende abschotten sollte, durch das Heranführungsinstrument für Beitrittskandidaten (IPA) finanziert. Das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI) finanziert zwar die Stärkung von Menschenrechten und ziviler Krisenprävention. Aber nicht in dem Umfang und der Art und Weise, wie wir es für nötig halten und immer mit dem geopolitischen Fokus herrschender EU-Interessen.

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Welche Vorschläge haben Sie, um die zivile Dimension der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) auszubauen, und werden Sie sich dafür einsetzen, dass diese personell und finanziell besser ausgestattet wird?
Eine echte zivile GSVP ist nicht möglich. Zivile Ansätze wie Disarmament Demobilisation Reintegration (DDR), Mediation und friedliche/diplomatische Konflikthilfe müssten versucht werden. Zivile GSVP-Missionen, wie die EUBAM in Libyen, die EUCAP Mali aber auch die EUPOL Afghanistan sind gescheitert. Letztlich sollen "zivile" Missionen EU-Interessen durchsetzen. Zumeist beinhalten sie die Ausbildung im Grenzmanagement oder Abwehr von Geflüchteten; auch Polizeitraining, das vor allem autokratische Regime gegen Oppositionelle oder zur vermeintlichen Terrorbekämpfung nutzen. Die zivil-militärische Zusammenarbeit fokussiert auf Migrationsabwehr. Entwicklungshilfe dient als Finanzierungsmittel. Die zivile GSVP ist eng mit den geopolitischen Bestrebungen der EU verbunden. Wir fordern eine rein zivile EU-Außenpolitik, eine Entwicklungshilfepolitik, die sich weder finanziell noch praktisch mit Sicherheits- und Verteidigungspolitik vermischt und von den Grundsätzen der Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit geleitet wird. Wir wenden uns gegen die Instrumentalisierung der zivilen GSVP/GASP zur Förderung oder Durchsetzung von strategischen, militärischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Zielen der EU.