Wahlprüfstein Europawahl 2024
BioNachrichten, Biokreis e.V.
1
Wie wollen Sie die Förderkulisse der GAP ab 2027 konkret gestalten?
Wir wollen eine sozialökologische Landwirtschaft im Einklang mit der Entwicklung der ländlichen Räume insgesamt. Dazu muss auch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU nach dem Prinzip »Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen« umgebaut werden. Agrarwirtschaft soll heute mehr leisten als Produktion von Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen. Die Gesellschaft verlangt die Einhaltung von Sozial-, Umwelt- und Tierschutzstandards, fordert eigenständige Beiträge zum Klimaschutz, zum Erhalt der biologischen Vielfalt, zur Pflege von Kulturlandschaften und mahnt faire globale Handelsbeziehungen an. Es geht um eine Agrarwirtschaft im Einklang mit natürlichen Ressourcen und funktionsfähigen Ökosystemen. Das alles setzt natürlich voraus, das es neben einem ordnungspolitischen Rahmen auch eine geeignete Förderpolitik gibt, gerade für regionale, genossenschaftlich organisierte Erzeugergemeinschaften, dezentrale Verarbeitungskapazitäten und Eigenvermarktungsstrukturen. Landwirtschaftliche Produktion, Ökosystemdienstleistungen und ländliche Entwicklung müssen verlässlich, auskömmlich und planbar finanziert werden. Wir wollen die GAP erhalten, aber im Sinne dieser genannten Eckpunkte entwickeln.
Themen:
Landwirtschaft
2
Wie stehen Sie zur Deregulierung der Neuen Gentechnik?
Kennzeichnungspflichten, Sicherheitskontrollen und jegliche Art von Haftung sind für die neue Gentechnik dringend erforderlich. Der Vorschlag der EU-Kommission zur Deregulierung von mit neuen Verfahren erzeugten Gentechnik-Pflanzen (NGT) schafft diese aber ab. Vor allem haben Landwirte, Lebensmittelproduzenten und letztendlich Verbraucher dadurch keine Einsicht mehr, ob Lebensmittel, die sie anbauen, herstellen oder essen, neue gentechnisch veränderter Organismen enthalten oder nicht. Das vorgeschobene Argument der Gen-Lobby ist der Kampf gegen den Hunger. Für uns steht fest: Gentechnik erlöst uns nicht von weltweiten Ernährungsproblemen. Für den Hunger sind eine ungerechte Verteilung von Reichtum, unfairer Welthandel und besonders Kriege verantwortlich.
Die sogenannte grüne Gentechnik schafft dagegen neue gefährliche Probleme. Die Mitgliedstaaten hätten aufgrund der Verordnung, die unmittelbar umgesetzt werden muss, keine nationalen Verbotsmöglichkeiten mehr. Die Koexistenz der konventionellen, biologischen oder gentechnikfreien Land- und Lebensmittelwirtschaft ist nicht gesichert. Hinzu kommt, dass durch das defizitäre Patentrecht Eigentumsansprüche der Konzerne auf genmanipulierte Pflanzen erhoben und gegenüber den Landwirten entsprechende Nutzungsgebühren durchgesetzt werden können. Deshalb lehnen wir Gentechnik in altem und neuem Gewand ab!
Themen:
Landwirtschaft
3
Wie bewerten Sie eine mögliche Ratifizierung von Freihandelsabkommen wie dem Mercosur-Abkommen?
Hunderttausende haben sich gegen das geplante Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP,gewehrt, weil es vor allem den Interessen der exportorientierten Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks diente. Wir wollen, dass TTIP endgültig aufgegeben wird. Auch das Abkommen mit Kanada (CETA) und mit südamerikanischen Staaten (Mercosur) hatten wir abgelehnt. 2017 ist CETA vorläufig in Kraft getreten. da noch nicht alle Mitgliedstaaten das Abkommen ratifiziert haben. Ungeklärt sind unter anderem die Regelungen zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten durch ein öffentlich legitimiertes Investitionsgericht. Bei Mercosur haben Vertreter deutscher Industrieverbände das Abkommen begrüßt, da sich die Absatzmöglichkeiten der Unternehmen erhöhen. Der Vertragsentwurf ist Anfang 2020 an der Ablehnung Österreichs gescheitert.
Ökologische und soziale Standards dürfen nicht mehr zu kurz kommen. Sonderklagerechte, die Demokratie und Grundrechte den Profitinteressen unterordnen, lehnen wir ab. Wir fordern Kooperations- statt Freihandelsabkommen! Wirtschaftsabkommen müssen ein Regelwerk für die Produktionsbedingungen enthalten. So wollen wir gute Arbeit und Umweltschutz entlang der globalen Produktions- und Lieferketten sicherstellen. Die europäischen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) zementieren Abhängigkeiten des Globalen Südens als Rohstofflieferant und müssen durch faire Handelsabkommen ersetzt werden.
Themen:
Landwirtschaft