Wahlprüfstein Europawahl 2024

Anlegerschutzverein WindEnergie AWE e.V.

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Stimmen Sie zu, dass die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger an Erneuerbaren Energien eine entscheidende Rolle für die Akzeptanz und dem Gelingen der Energiewende spielt? [Ja;Nein;Mit Einschränkungen] Wie möchte Ihre Partei die Bürgerinnen und Bürger stärker an der Energiewende teilhaben lassen?
Ja. Wir wollen die Energieversorgung grundsätzlich bürgernah und als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge organisieren. Die Energienetze sollen in die öffentliche Hand überführt und demokratisch kontrolliert werden. Energiegenossenschaften und Stadtwerke in öffentlicher Hand wirken hier entscheidend mit. Dann müssen die Kommunen an den Einnahmen der Ökostrombetreiber beteiligt werden, sodass die gesamte Bevölkerung von den Kraftwerken profitiert und nicht nur jene, die daran Anteile erwerben können. Das fördert auch wesentlich die Akzeptanz vor Ort. Im Europaparlament haben wir uns für eine Stärkung der Energiegenossenschaften auf europäischer Ebene eingesetzt. Für Hauseigentümer*innen, Mietervereinigungen, Betriebe und Kommunen, die ihre Energieversorgung in die eigene Hand nehmen wollen, verbessern wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen, damit Mieterstromkonzepte, Selbstversorgung oder Bioenergiedörfer nicht mehr an zu hohen Kosten und zu viel Aufwand scheitern.

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Unterstützen Sie spezifische und erleichternde Regelungen für Bürgerenergiegesellschaften? [Ja; Nein; Mit Einschränkungen] Welche Bestimmungen zur Unterstützung von Bürgerenergiegesellschaften möchten Sie in der nächsten Legislaturperiode forcieren oder neu einführen?
Ja. Wir wollen Projekte bis 18 Megawatt bzw. fünf Anlagen aus den Ausschreibungssystemen holen, weil diese für Bürgerenergieprojekte teuer, riskant und aufwendig sind. Die Reformen am EEG der vergangenen Jahre haben Bürgerenergiegesellschaften an die Wand gedrängt, denn sie haben für Verhältnisse gesorgt, in denen fast nur die großen Konzerne zum Zuge kommen - sogar bei den extra für die Bürgerenergie geschaffenen Ausnahmetatbeständen. Über eine Solarpflicht für Neubauten sowie die Förderung von Agri-Photovoltaik und anderen innovativen PV-Systemen werden zudem neue Investitionsmöglichkeiten für Energiegenossenschaften und Bürgerenergiegesellschaften geschaffen

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Finanzanlagen im Grauen Kapitalmarkt sind für Kleinanlegerinnen und Kleinanleger nur schwer zu durchschauen. Sehen Sie die Notwendigkeit der Einführung einer neuen Unternehmensrechtsform, bei der die Bürgerbeteiligung im Zentrum des Geschäftsbetriebs steht? [Ja; Nein; Mit Einschränkungen]
Ja, abhängig von dem Ziel der Bürgerbeteiligung könnte sich die Gestaltung einer solchen Reform – je nach Tiefe und Ausprägung - als sehr voraussetzungsvoll erweisen. Aus unserer Sicht ist eine grundlegende Reform von Kapitalgesellschaften überfällig. Deshalb begrüßen wir konkret beispielsweise die Ideen und die Vorschläge der Stiftung Verantwortungseigentum - insbesondere auch den Gesetzentwurf für eine "Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit gebundenem Vermögen". Die Vorschläge, die sich im Wesentlichen auf eine Bindung des Gesellschaftsvermögens sowie Begrenzungen der Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen beschränken, dürfen dabei jedoch nur ein erster Schritt sein, Unternehmen im Rahmen des sozialökologischen Wandels weiterzuentwickeln.

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Unter dem Sammelbegriff „Bürgerbeteiligung“ bieten Initiatoren von Erneuerbaren Energien Projekten eine Vielzahl unterschiedlicher Beteiligungsformen an, von schuldrechtlichen Konstrukten bis zu Gesellschaftsanteilen. Stimmen Sie zu, dass es eines Begriffschutzes bedarf? [Ja;Nein;Mit Einschränkung]
Ja, wir stimmen zu. Um Anleger zu schützen und Transparenz herzustellen ist es wichtig, Begriffsschutz sicherstellen, sowie Aufklärungspflichten und Beratungsangebote für die Bürger*innen vorzuschreiben. Damit wird sichergestellt, dass Beteiligungsmodelle fair und nachvollziehbar bleiben und Missbrauch verhindert wird.

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Sehen Sie Handlungsbedarf bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Kleininvestoren, die in nachhaltige Energieprojekte investieren möchten? [Ja; Nein; Mit Einschränkungen] Wie beabsichtigt Ihre Partei, Kleinanleger besser zu schützen und deren Beteiligung an grünen Investitionen zu fördern?
Ja, es gibt großen Regelungsbedarf, insbesondere im grauen Kapitalmarkt, wo gemeinhin keine gesellschaftsrechtlich-geprägten Mitgliedschaftsrechte bestehen. Die Linke setzt sich deshalb für eine strenge Regulierung von Vermögensanlagen des grauen Kapitalmarkts ein. Nachrangdarlehen, Genussrechte oder Direktinvestments stellen eine riskante Anlageform dar. Den meisten Anleger*innen ist kaum bewusst, dass sie sich an einem Unternehmen beteiligen, Miteigentümer*innen werden und mit ihrem kompletten Investment für Verluste einstehen. Das Unternehmen sollte zumindest höhere Eigenmittel vorhalten müssen und es könnten wenigstens Einzelanlageschwellen wie im Crowdfunding-Bereich (max. 1000 Euro Einlage pro Anleger*in) eingezogen werden. Blind-Pool-Anlagen, über die z.T. auch Bürgerwindpark-Beteiligungen vermittelt werden, sollten nicht an Kleinanleger*innen verkauft werden dürfen. Zur sicheren Altersvorsorge taugt dies alles nicht.

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Wie steht Ihre Partei zu einer Reform des europäischen Energiemarktes, um den Ausbau von Erneuerbaren Energien und die Bürgerbeteiligung zu erleichtern? Welche konkreten Schritte halten Sie für notwendig, um die Bürgerenergie im europäischen Kontext zu stärken?
Der europäische Energiemarkt muss so umgebaut werden, dass Erneuerbare und Bürgerbeteiligung Vorfahrt erhalten. Dazu gehört, die bürokratischen Hürden beim Netzanschluss von Energiegenossenschaften abzubauen. Dazu gehört auch die finanzielle Förderung von Genossenschaften, die in erneuerbare Energien investieren. Insgesamt muss die Taxonomie auf europäischer Ebene die Atomkraft und Gas als "unökologisch" definieren, um deren Förderung auszuschließen und mehr Möglichkeiten für den Ausbau der Erneuerbaren zu schaffen.

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Wie möchten Sie sicherstellen, dass die Bürgerbeteiligung an Erneuerbaren Energien nicht nur auf finanzielle Aspekte reduziert wird, sondern auch Mitbestimmung und lokale Entwicklung beinhaltet? Welche konkreten politischen Instrumente würden Sie einführen, um eine umfassende Bürgerbet. zu fördern?
Die Energiewende wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie sozial gerecht und durch die Bürger*innen selbst gestaltet ist. Die Vormachtstellung von Großkonzernen in der Energieversorgung muss ein Ende haben. Die Energieversorgung wollen wir bürgernah und als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge organisieren. Energieversorgung muss dem Gemeinwohl dienen und der Profitgewinnung entzogen werden. Ungerechtfertigte Industrierabatte bei Ökosteuer, Netzentgelten, Emissionshandel und im Erneuerbare- Energien-Gesetz müssen entfallen. Sie verhindern den notwendigen Strukturwandel. DIE LINKE unterstützt eine regional ausgerichtete und in der Bevölkerung verankerte Energiewende: Energiegenossenschaften, Bioenergiedörfer, Institutionen, Einrichtungen, Betriebe, Städte und Kommunen sollen das gesetzliche Recht zum Kauf der von ihnen für die Energieerzeugung und -eigenversorgung genutzten Netze erhalten. Gleichzeitig werden damit Grundlagen zur Förderung regionaler Wirtschaftsstrukturen geschaffen.

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Wie beurteilt Ihre Partei die aktuelle Situation bezüglich des Schutzes von Verbraucherinnen und Verbrauchern vor irreführenden oder unfairen Geschäftspraktiken im Bereich der Erneuerbaren Energien? Welche legislativen Maßnahmen planen Sie, um den Verbraucherschutz in diesem Sektor zu stärken?
Für Die Linke ist Energie keine Ware, die Profite einbringt und wettbewerbsfähig sein muss. Grundsätzlich wollen wir, dass mit (Erneuerbarer) Energie keine Profite gemacht werden können. Wir setzen uns für gemeinnützige Energieversorgung ein, die bezahlbare Preise für Verbraucher*innen ermöglicht und den Ausbau der Erneuerbaren Energien schnell vorantreibt. Gleichzeitig ist auch klar, dass im aktuellen Boom der Erneuerbare Energien irreführende Geschäftspraktiken aufkommen, die mit großen Renditen locken - teilweise nur mit dem Ziel Anleger*innen abzuzocken. Deshalb unterstützten wir Ihr Anliegen, Kleinanleger*innen und Bürgerenergiegenossenschaften vor unfairen Geschäftspraktiken zu schützen und den Verbraucherschutz im Energiebereich zu stärken.