Wahlprüfstein Europawahl 2024
Fahrgastverband PRO BAHN e. V.
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Wie plant Ihre Partei die Buchbarkeit grenzüberschreitender Verbindungen im Nah- und Fernverker zu vereinfachen und eine verlässliche und vollständige Fahrgastinformation sicherzustellen?
Ab September 2024 soll eine einheitliche Onlineplattform von 22 europäische Bahnunternehmen (inkl. DB) aufgebaut werden. Die Plattform soll europaweit verlässliche Zugauskünfte, durchgehende Fahrkarten und Reservierungen für Nachtzüge bieten. Das geht in die richtige Richtung, aber kann nur der Anfang sein. Durch verschiedene Buchungsportale, kaum Fahrgastrechte und teure Tickets sind Bahnreisen in Europa bisher oft unattraktiv. Europaweit muss der Bahnausbau vorangetrieben werden! Wir wollen die „United Railways of Europe“ gründen: Eine europäische Bahn- Gesellschaft, gemeinwohlorientiert organisiert. Mit koordinierten Fahrplänen und mehr Verbindungen quer durch Europa. Innerhalb der nächsten 10 Jahre (nicht erst 2070) sollen alle europäischen Großstädte im Stundentakt angefahren werden (Europatakt). Die United Railways of Europe könnten eine andere Bahnpolitik einleiten: Für Kooperation und die Bedürfnisse von Fahrgästen und Beschäftigten statt Profiten und Wettbewerb.
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Trotz zunehmender Zulassung über die ERA gibt es immer noch zahllose nationale Normen, die grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr erschweren. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie das Ziel einer "Single European Railway Area" näher bringen?
Wir wollen die United Railways of Europe gründen und eine neue Ära im europäischen Zugverkehr einleiten: Damit wollen wir Zusammenarbeit zwischen den nationalen Bahngesellschaften erleichtern, die bessere Vernetzung im Personen- und Güterverkehr organisieren und grenzüberschreitende Schienenprojekte voranbringen. Damit kann ein Europatakt umgesetzt werden, mit Verbindungen im Stundentakt zwischen den europäischen Großstädten: Mit dem Nachtzug nach Marseille und umsteigefrei nach Barcelona – bezahlbar und barrierefrei.
Die möglichst flächendeckende Nutzung des Europäischen Zugsicherungssystems ERMTS wird eine Vielzahl von technischen Hindernissen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten beseitigen. Die Förderung für Straßen und Flughäfen im Rahmen der Transeuropäischen Transportnetze (TEN-T) wollen wir beenden und die freiwerdenden Gelder für den Bahnausbau nutzen, um grenzüberschreitende Verbindungen zu verbessern – deren Betrieb wollen wir mit gemeindewirtschaftlichen Verpflichtungen fördern.
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Mobilität
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Fahrgastrechte beziehen sich bisher auf einzelne Verkehrsträger. Welche multimedialen Fahrgastrechte will Ihre Partei einführen? Beziehen Sie sich insbesondere auf die Kombination von Eisenbahn, Fernbus und Flugzeug sowie den Übergang zwischen dem städtischen öffentlichen Verkehr und der Eisenbahn.
Für Die Linke geht es zunächst darum, Zuverlässigkeit und Qualität der Verkehrsträger zu verbessern: Dies ist das Fahrgastrecht Nummer eins. Verkehrsträgerübergreifende Fahrgastrechte sind essenziell für ein modernes Verkehrssystem, das durch die Nutzung von unterschiedlichen Verkehrsträgern in einer Reisekette geprägt ist. Die EU sollte Fahrgastrechte für verkehrsträgerübergreifende Reisen, insbesondere bei Verbindungen mit Bahn, Bus und Flug festlegen. Die wichtigsten Maßnahmen zur Sicherung der Fahrgastrechte sind:
- Klare Regelungen für Entschädigungen und Erstattungen bei Verspätungen, Annullierungen oder verpasste Anschlüsse,
- Einheitliche Regeln für die Betreuung und Unterstützung der Fahrgäste bei Problemen wie verlorenem Gepäck oder verpassten Anschlüssen,
- Transparenz bei Buchungsbedingungen und Preisen,
- Einfache und effiziente Möglichkeiten zur Durchsetzung der Fahrgastrechte, z.B. durch eine verkehrsträgerübergreifende unabhängige Schlichtungsstelle.
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Mobilität
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Interrail- und Eurorail-Pässe sind insbesondere in Westeuropa wegen der exorbitanten Reservierungszuschläge oft unattraktiv. Wie wollen Sie jungen Menschen die Bahn in diesen Ländern besser schmackhaft machen?
Die Buchung von Interrailtickets muss überarbeitet werden, um diese einfacher zu gestalten. Mit Interrail nach Frankreich und Spanien zu reisen ist unattraktiv – die Reservierungen sind ausgebucht oder teuer und Regionalzüge gibt es kaum. Das zeigt: Bei aller Attraktivität der Hochgeschwindigkeitsstrecken braucht es eine Bahn für alle, die sich nicht nur auf Hochleistungsstrecken zwischen den Metropolen konzentriert, sondern bezahlbare Angebote in der Fläche schafft – denn die Hochgeschwindigkeitsstrecken können sich viele (junge) Menschen nicht leisten.
Die Linke kämpft für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in ganz Europa. Nahverkehr soll in der ganzen EU kostenlos werden, im ersten Schritt für Leistungsberechtigte, Studierende, Azubis und Schüler*innen. Für Deutschland fordern wir als schnell umsetzbare Maßnahme, dass jede*r Jugendliche zum 18. Geburtstags ein Jahresticket für den öffentlichen Nahverkehr geschenkt bekommt.
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Mobilität
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Wie plant Ihre Partei konkret den europäischen Nachtzugverkehr zu fördern? Gehen Sie bitte besonders auf die Fahrzeugproblematik ein.
Unser Ziel ist, dass in Europa ein Netz moderner, attraktiver und leiser Nachtzüge geschaffen wird, das ganz Europa abdeckt und die Nachbarländer miteinander verbindet. Zudem müssen die Trassenpreise für Nachtzüge gesenkt werden. Das ist Teil unseres Konzeptes der "United Railways of Europe".
Wir fordern von der EU, die Beschaffung der notwendigen Flotte für die Verdopplung der Nachtzüge bis 2030 zu organisieren, die an Betreiber vermietet werden, die neue Strecken einrichten wollen. Die notwendige Investition kann von der Europäischen Investitionsbank übernommen werden. Durch Besteuerung von Kerosin und eine Mehrwertsteuer auf internationale Flüge könnten Einnahmen für die Finanzierung von neuen Nachtzügen gewonnen werden.
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Mobilität
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Alle europäischen Länder verwenden unterschiedliche Methoden der Verkehrswegeplanung und kalkulieren grenzüberschreitend mit unterschiedlichen Kapazitäten. Wie wollen Sie hier die Planungen zusammenführen? Wie wird aus nationalen Systemen ein Europatakt?
Die Linke fordert eine Verkehrswende: Die Bahn soll das wichtigste Verkehrsmittel in Europa werden. Dafür muss sie massiv ausgebaut werden: Wir fordern die Einführung eines Europatakts und die Stärkung der grenzüberschreitenden Kooperation. Die Mittel für den Ausbau des grenzüberschreitenden Bahnverkehrs müssen vervielfacht werden. Das TEN-T Schienennetz, der europäische Verkehrswegeplan muss erweitert und schnell umgesetzt werden, vor allem mit einem Schwerpunkt auf dem weniger profitablen grenzüberschreitenden Verkehr. Das wäre mit einem Infrastrukturfonds für das transeuropäische Schienennetz nach dem Vorbild der Schweiz möglich. Wir fordern, die Förderung für Straßen und Flughäfen im Rahmen der Transeuropäischen Transportnetze zu beenden: Die frei werdenden Gelder können für den Ausbau der Bahn genutzt werden.
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Mobilität
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Welche europäischen Eisenbahnregulierungsmaßnahmen waren aus Ihrer Sicht in den letzten Jahren erfolgreich und welche müssen entweder noch verstärkt oder rückabgewickelt werden?
Eine Neuausrichtung der europäischen Bahnpolitik ist dringend erforderlich. Die Klimaerhitzung lässt uns keine Zeit für marktwirtschaftliche Suchprozesse. Es braucht eine radikale Umleitung der Verkehre von Luft und Straße auf die Schiene. Dies ist mit dem wettbewerblichen Ansatz der europäischen Bahnpakete nicht zu erreichen. Auch die Trennung von Netz und Betrieb bringt komplexe Abstimmungsnotwendigkeiten, die in einem integrierten Unternehmen gar nicht erst entstehen oder einfacher zu bearbeiten sind.
Die EU-Kommission muss die Neuausrichtung des europäischen Bahnverkehrs koordinieren und den Ausbau des Bahnnetzes, die Vereinheitlichung von Standards und die Schaffung der United Railways of Europe zielgerichtet vorantreiben. Statt auf die gestaltende Rolle von Profiten privater Unternehmen zu hoffen, müssen ab sofort EU-Kommission, Mitgliedsstaaten und der Bahnsektor im Team spielen und die Strategie der Zukunft bestimmen.
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Mobilität
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Was sehen Sie für Möglichkeiten, den Interessenverbänden der Fahrgäste ein angemessenes Gehör bei den Verkehrsunternehmen und Aufgabenträgern zu schaffen?
Die Linke setzt sich für eine Demokratisierung der Bahn ein. Bisher entscheidet bei der Deutschen Bahn eine Managerkaste, die sich trotz allen Desasters Millionenboni auszahlt. Schluss damit! Wir fordern eine Bahn im Interesse von Fahrgästen und Beschäftigten – damit können Desaster wie das Milliardengrab Stuttgart 21 und der jahrzehntelange Sanierungsstau verhindert werden. Wir wollen einen Beirat gründen, der über entscheidende Mitbestimmungsrechte verfügt und aus Fahrgastvertreter*innen, den Verkehrsunternehmen und ihren Beschäftigten sowie der Politik zusammengesetzt sein soll. Damit würden die Interessen der Fahrgäste direkt in die Entscheidungsprozesse von Verkehrsunternehmen und Behörden einfließen. Die Interessenverbände der Fahrgäste wären nicht nur geduldet, sondern wertvolle Hinweis- und Ideengeber. Eine höhere Zufriedenheit der Fahrgäste erreichen wir am besten, wenn ihre Erfahrungen über die Situation im täglichen Verkehrsgeschehen berücksichtigt werden.
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Mobilität