Wahlprüfstein Europawahl 2024

Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb (CDH) e.V.

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1. Plant Ihre Partei, den Bürokratieabbau voranzutreiben und speziell kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu entlasten und wenn ja, wie?
Ja. Die EU ist auch mit dem Anspruch angetreten, Bürokratie abbauen zu wollen. Tatsächlich hat aber die Herstellung des Binnenmarktes erst recht für mehr Bürokratie gesorgt. Denn der „freie Markt“ muss erst durch ganz viele Regeln hergestellt werden, damit es überall vergleichbare Produkte und Dienstleistungen gibt. Auch Förderprojekte in Wissenschaft und Forschung oder von regionalen und kommunalen Strukturprogrammen müssen sich durch einen riesigen Wust an bürokratischen Vorschriften kämpfen, die wahnsinnig viel Arbeitsressourcen binden. Auch Die Linke ist deshalb für Bürokratieabbau – aber nicht, um zugleich Regulierung abzubauen. Aufgaben der Daseinsvorsorge, wie Wasser, Energie, Bahn, Post, Bildung, Gesundheitsversorgung etc. müssen wieder in öffentliche Hand. Daseinsvorsorge muss dem Markt entzogen werden. Damit entfällt auch die Notwendigkeit, diesen Markt für Grundbedürfnisse durch komplizierte Regularien erst herzustellen. Entbürokratisierung muss auch für soziale Rechte gelten. Wir fordern, Ansprüche auf Gesundheitsleistungen und Altersversorgung problemlos von einem EU-Staat in den anderen „mitnehmen“ zu können. Für Löhne und Mitbestimmung muss das Arbeitsortsprinzip gelten, nicht der formale Sitz des Entsendeunternehmens. Genauso muss bei der Besteuerung allein zählen, wo Umsätze und Gewinne erzielt wurden – denn die aktuelle Bürokratie hat auch den Zweck, Gewinne zu verschieben und damit Steuern zu vermeiden.

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2. Wie ist die Position Ihrer Partei zu den bestehenden Instrumenten und Initiativen zur besseren Rechtssetzung (z.B. Smart Regulation, REFIT; „Think Small First“; „One-in-one-out“)?
Zentral für Die Linke ist und bleibt die Demokratisierung der Rechtsetzung in der EU. Neue Rechtssetzungsmechanismen, die schon ihrer Struktur nach auf einen Abbau von Regulierung ausgerichtet sind, lehnen wir ab. Wir fordern das selbstverständliche Recht der Europäischen Parlaments, selbst Gesetzentwürfe vorlegen zu können. Auch die Kommission muss endlich aus der Mitte des Parlaments gewählt werden - ein Europäisches Parlament, das lediglich die Hinterzimmerentscheidungen der Regierungen im Europäischen Rat abnicken oder mit viel Aufwand noch kleinere Änderungen herausverhandeln darf, reicht uns nicht aus. Wir wollen auch direktdemokratische Verfahren deutlich stärken und ausbauen. Wir wollen Volksentscheide und Volksbegehren in der EU, damit die Bürgerinnen und Bürger wirklich mitentscheiden können. Auch dafür muss ein Initiativrecht geben, die derzeitigen EU-Bürgerinitiativen werden lediglich von der Kommission zur Kenntnis genommen und kommentiert. Mit europäischen Bürgerräten soll ein Instrument geschaffen werden, um mit Bürgerinnen und Bürgern und Expertinnen und Experten ins Gespräch zu kommen und ihre Ideen und Vorstellungen in die Arbeitsplanung der EU-Kommission einbeziehen zu können.

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3. Welche Bedeutung misst Ihre Partei in Ihrer künftigen Europapolitik dem geltenden Subsidiaritätsprinzip des EU-Vertrages bei und werden Sie dieses zugunsten von Wachstum und Unternehmertum konsequent im Rahmen Ihrer politischen Arbeit berücksichtigen?
Dass Entscheidungen auf der Ebene getroffen werden, auf der die Menschen von ihnen hauptsächlich betroffen sind, ist für uns ein selbstverständliches Prinzip der Demokratie. Es drückt sich auch im Subsidiaritätsprinzip der EU-Gesetzgebung aus. Es ist allerdings so unkonkret ausgestaltet, dass sich sowohl für die Einhaltung wie die Verletzung immer die passenden Argumente finden lassen. Auch deshalb sind Subsidiaritätsrügen der Parlamente der Mitgliedsstaaten selten erfolgreich oder kommen überhaupt so zustande, dass die EU-Kommission wenigstens Stellung dazu beziehen muss. Dabei ist allerdings weniger die Einhaltung demokratischer Prinzipien an sich Ziel der aktuellen Regeln, sondern die Schaffung EU-weit gleicher Wettbewerbsbedingungen und gleicher Chancen der Unternehmen am Markt. Diese einseitige Wettbewerbs- und Marktorientierung lehnen wir als Linke klar ab. Damit wird auch verhindert, dass Mitgliedsstaaten oder Regionen gezielt regionale Wirtschaftskreisläufe fördern und damit auch gegen billiger und weniger ökologisch produzierte Waren aus anderen Teilen der EU schützen können. Der bisherige EU-Regulierungsrahmen verhindert also einen sozialen gerechten und ökologisch sinnvollen Umbau der Wirtschaft und muss grundlegend reformiert werden.

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4. Welche konkreten Maßnahmen plant Ihre Partei, um eine leistungsfähige, grenzüberschreitende Verkehrsinfrastruktur in Europa noch weitergehend sicherzustellen und den grenzüberschreitenden Warenverkehr zu erleichtern?
Zentrales Projekt der Linke und ihrer Schwesterparteien in der EU ist die Schaffung einer gemeinnützigen europäischen Bahn-Gesellschaft, die United Railways of Europe. Wir wollen den grenzüberschreitenden Verkehr besser organisieren, mit koordinierten Fahrplänen, einer gemeinsamen Buchungsplattform, besseren und leichter zugänglichen Fahrgastrechten. Dazu brauchen wir öffentliche Investitionen in eine Bahn, die wieder öffentliches Eigentum ist. Wir wollen zum Aus- und Aufbau dieser integrierten Europäischen Bahn die strategischen Förderprojekte der Europäischen Kommission nutzen, IPCEIs (Important Projects of Common European Interests). Sie müssen generell ausgeweitet und zugleich an striktere ökologische und soziale Kriterien geknüpft werden. Aus einem solchen IPCEI-Projekt kann der Ausbau eines europäisches Bahn- und Nahverkehrsnetz finanziert sowie Produktion und Wartung der dafür notwendigen Bahnen und Busse ausgeschrieben werden. Damit steigen auch die Möglichkeiten, dieses ausgebaute Netz für den innereuropäischen Gütertransport zu nutzen. Dies ist allerdings nicht unbegrenzt ausbaubar. Deshalb bleibt Kern der Linken Wirtschaftspolitik die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe und die Produktion lebenswichtiger Güter in der Region.

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5. Wie wird sich Ihre Partei für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit innerhalb und außerhalb der EU einsetzen und sicherstellen, dass in der EU-ansässige Unternehmen im internationalen Wirtschaftsverkehr nicht benachteiligt werden?
Nicht Wettbewerbsfähigkeit ist das oberste Ziel Linker Wirtschaftspolitik, sondern das Wohlergehen der Menschen. Zudem ist es das souveräne Recht aller Staaten, den Zugang zu ihrem Wirtschaftsraum zu regulieren, auch wenn dies für ausländische Wettbewerber dann als "Benachteiligung" empfunden wird.

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6. Wie ist die Position Ihrer Partei zu den bestehenden und künftigen Klimaschutzzielen und wie werden Sie sicherstellen, dass diese erreicht werden können, ohne der Entwicklung der europäischen Wirtschaft zu schaden?
Die Linke begrüßt die bestehenden Klimaschutzziele, sieht sie aber als noch nicht ausreichend an. Der Klimawandel beschleunigt sich zusehends, die bisherigen Mittel haben noch nicht zu einer Trendumkehr oder wenigstens einer Drosselung geführt. Vor allem im Verkehr und in der Landwirtschaft sehen wir noch erheblich Potentiale, CO2 einzusparen. Dabei gilt es Wege zu finden, wie die Versorgungssicherheit der Menschen sichergestellt werden kann. Dies wird nur mit einer grundlegend anderen Wirtschaftspolitik möglich sein, die Versorgung und nicht Wachstum in den Mittelpunkt stellt. Dafür setzen wir uns unter anderem für die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe ein. Wir wollen vorrangig dort produzieren, wo die Dinge verbraucht werden. Dazu fordern wir, die Gemeinsame Agrarpolitik der EU so umzugestalten, dass sie für einen sozialökologischen Umbau der Landwirtschaft beiträgt. Nicht mehr Wachstum und Exportorientierung stehen an vorderster Stelle, sondern regionale Erzeugung, Verarbeitung und Wertschöpfung. Gerade im ländlichen Raum müssen lokal Nahversorgungsstrukturen wieder etabliert werden, statt große Supermärkte und Einkaufszentren auf "der grünen Wiese" zu schaffen, die nur mit dem Auto zu erreichen sind. Die Investitionsprogramme der EU ("Green Deal") wollen wir neu ausrichten. Subventionen und Investitionshilfen für eine CO2-freie Industrie müssen an soziale Bedingungen für gute Arbeit, Tariftreue, Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen geknüpft sein.