Wahlprüfstein Europawahl 2024

Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb (CDH) e.V.

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3. Welche Bedeutung misst Ihre Partei in Ihrer künftigen Europapolitik dem geltenden Subsidiaritätsprinzip des EU-Vertrages bei und werden Sie dieses zugunsten von Wachstum und Unternehmertum konsequent im Rahmen Ihrer politischen Arbeit berücksichtigen?
Dass Entscheidungen auf der Ebene getroffen werden, auf der die Menschen von ihnen hauptsächlich betroffen sind, ist für uns ein selbstverständliches Prinzip der Demokratie. Es drückt sich auch im Subsidiaritätsprinzip der EU-Gesetzgebung aus. Es ist allerdings so unkonkret ausgestaltet, dass sich sowohl für die Einhaltung wie die Verletzung immer die passenden Argumente finden lassen. Auch deshalb sind Subsidiaritätsrügen der Parlamente der Mitgliedsstaaten selten erfolgreich oder kommen überhaupt so zustande, dass die EU-Kommission wenigstens Stellung dazu beziehen muss. Dabei ist allerdings weniger die Einhaltung demokratischer Prinzipien an sich Ziel der aktuellen Regeln, sondern die Schaffung EU-weit gleicher Wettbewerbsbedingungen und gleicher Chancen der Unternehmen am Markt. Diese einseitige Wettbewerbs- und Marktorientierung lehnen wir als Linke klar ab. Damit wird auch verhindert, dass Mitgliedsstaaten oder Regionen gezielt regionale Wirtschaftskreisläufe fördern und damit auch gegen billiger und weniger ökologisch produzierte Waren aus anderen Teilen der EU schützen können. Der bisherige EU-Regulierungsrahmen verhindert also einen sozialen gerechten und ökologisch sinnvollen Umbau der Wirtschaft und muss grundlegend reformiert werden.

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4. Welche konkreten Maßnahmen plant Ihre Partei, um eine leistungsfähige, grenzüberschreitende Verkehrsinfrastruktur in Europa noch weitergehend sicherzustellen und den grenzüberschreitenden Warenverkehr zu erleichtern?
Zentrales Projekt der Linke und ihrer Schwesterparteien in der EU ist die Schaffung einer gemeinnützigen europäischen Bahn-Gesellschaft, die United Railways of Europe. Wir wollen den grenzüberschreitenden Verkehr besser organisieren, mit koordinierten Fahrplänen, einer gemeinsamen Buchungsplattform, besseren und leichter zugänglichen Fahrgastrechten. Dazu brauchen wir öffentliche Investitionen in eine Bahn, die wieder öffentliches Eigentum ist. Wir wollen zum Aus- und Aufbau dieser integrierten Europäischen Bahn die strategischen Förderprojekte der Europäischen Kommission nutzen, IPCEIs (Important Projects of Common European Interests). Sie müssen generell ausgeweitet und zugleich an striktere ökologische und soziale Kriterien geknüpft werden. Aus einem solchen IPCEI-Projekt kann der Ausbau eines europäisches Bahn- und Nahverkehrsnetz finanziert sowie Produktion und Wartung der dafür notwendigen Bahnen und Busse ausgeschrieben werden. Damit steigen auch die Möglichkeiten, dieses ausgebaute Netz für den innereuropäischen Gütertransport zu nutzen. Dies ist allerdings nicht unbegrenzt ausbaubar. Deshalb bleibt Kern der Linken Wirtschaftspolitik die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe und die Produktion lebenswichtiger Güter in der Region.

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6. Wie ist die Position Ihrer Partei zu den bestehenden und künftigen Klimaschutzzielen und wie werden Sie sicherstellen, dass diese erreicht werden können, ohne der Entwicklung der europäischen Wirtschaft zu schaden?
Die Linke begrüßt die bestehenden Klimaschutzziele, sieht sie aber als noch nicht ausreichend an. Der Klimawandel beschleunigt sich zusehends, die bisherigen Mittel haben noch nicht zu einer Trendumkehr oder wenigstens einer Drosselung geführt. Vor allem im Verkehr und in der Landwirtschaft sehen wir noch erheblich Potentiale, CO2 einzusparen. Dabei gilt es Wege zu finden, wie die Versorgungssicherheit der Menschen sichergestellt werden kann. Dies wird nur mit einer grundlegend anderen Wirtschaftspolitik möglich sein, die Versorgung und nicht Wachstum in den Mittelpunkt stellt. Dafür setzen wir uns unter anderem für die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe ein. Wir wollen vorrangig dort produzieren, wo die Dinge verbraucht werden. Dazu fordern wir, die Gemeinsame Agrarpolitik der EU so umzugestalten, dass sie für einen sozialökologischen Umbau der Landwirtschaft beiträgt. Nicht mehr Wachstum und Exportorientierung stehen an vorderster Stelle, sondern regionale Erzeugung, Verarbeitung und Wertschöpfung. Gerade im ländlichen Raum müssen lokal Nahversorgungsstrukturen wieder etabliert werden, statt große Supermärkte und Einkaufszentren auf "der grünen Wiese" zu schaffen, die nur mit dem Auto zu erreichen sind. Die Investitionsprogramme der EU ("Green Deal") wollen wir neu ausrichten. Subventionen und Investitionshilfen für eine CO2-freie Industrie müssen an soziale Bedingungen für gute Arbeit, Tariftreue, Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen geknüpft sein.