Wahlprüfstein Europawahl 2024

Deutscher Mittelstands-Bund (DMB) e.V.

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Welche 3 Maßnahmen wollen Sie unter Berücksichtigung der finanziellen und politischen Gegebenheiten priorisiert umsetzen? [max. 3 Begrifflichkeiten] Begründen Sie bitte kurz, inwiefern diese Maßnahmen für den Mittelstand von Bedeutung sind.
Die Linke will regionale Lieferketten stärken. Bei öffentlichen Ausschreibungen der Kommunen wollen wir lokale Unternehmen mit guten Arbeitsbedingungen bevorzugen. Das entlastet von Bürokratie und hilft vor allem kleinen und mittleren Unternehmen. Wir wollen die Förderung für den Strukturwandel massiv ausweiten und Mittel für alle Regionen bereitstellen, die von der Transformation betroffen sind. Über die Verwendung dieser Mittel bestimmen regionale Gremien, in denen die lokalen Unternehmen vertreten sind. Um den bürokratischen Aufwand zu verringern, wollen wir die bisher unübersichtliche Vielzahl von Förderprogrammen der EU zusammenlegen und den Zugang vereinfachen. Die Linke kämpft für ein sozial gerechtes Europa: Löhne und Arbeitsbedingungen, von denen alle Europäer*innen gut leben können. Gute Löhne, öffentliche Investitionen und die Umverteilung von Reichtum erzeugen mehr Nachfrage. Davon profitieren besonders Unternehmen des Mittelstands. Klimagerechte öffentliche Investitionen sind entscheidend für die Gesellschaft der Zukunft: Sie stärken die Infrastruktur und bilden das Fundament für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.

2

Planen Sie die Einführung eines KMU-Tests, der vor neuen Gesetzesvorhaben die spezifische Belastung und Berichtspflichten für KMU überprüft? [Ja/Nein] Welche weiteren Maßnahmen planen Sie zur Senkung der Bürokratiebelastung für mittelständische Unternehmen?
Nein. Die Linke setzt sich für die Entlastung aller von ausufernden Anträgen und Formularen sowie für schnellere Bearbeitung in den Behörden ein. Durch die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen ist der Wust an Anträgen, Ausschreibungen und zu beachtenden Vorschriften immens gestiegen. Das bindet viel Arbeitszeit, die für andere wichtige Aufgaben fehlt. Wir setzen uns für ausreichend Personal in den Behörden ein, um Anträge zügig zu bearbeiten und Bürger*innen und Unternehmen zu beraten und bei Anträgen zu unterstützen. Unnötige Anträge, Formulare und Nachweise wollen wir vermeiden. Regeln sollen möglichst klar und verständlich. Das soll keineswegs nur für Unternehmen gelten, sondern v.a. für Sozialleistungen, Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen. Zudem muss weiterhin überprüft und nachgewiesen werden können, dass Arbeitsschutz, Umweltstandards und soziale Belange eingehalten werden. Das schützt auch die Unternehmen, die sich an die Regeln halten, vor unlauterer Konkurrenz.

3

Wollen Sie Änderungen an der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vornehmen? [Ja/Nein] Falls ja, welche konkreten Anpassungen planen Sie, um den bürokratischen Aufwand für KMU möglichst gering zu halten und Potenziale für die unternehmerische Datennutzung nicht zu verwirken?
Eher Nein. Wir befürchten sonst durch einseitigen Wirtschaftslobbyismus einen Rückbau von Errungenschaften der DSGVO in den Bereichen Transparenz, Betroffenenrechte und behördlicher Vollzug. In der digital-vernetzten Welt können und dürfen hier auch bezogen auf privatwirtschaftliche KMU keine Abstriche gemacht werden. Denn (verknüpfte) personenbezogene Daten sind Kapital, das in einer Wirtschaftsordnung mit Ausrichtung auf Profitmaximierung stets Gefahr läuft, einem kapitalistischen Verwertungsprozess unterzogen zu werden. Dieses Risiko ist bei gemeinwohlorientierter Datenverarbeitung weitaus geringer, weshalb im Falle einer Überarbeitung der DSGVO in diesem Wirtschaftsbereich weniger Regulierung, sprich auch weniger Bürokratie, sozioökonomische vertretbar und produktiv wäre. Agiert ein privates KMU strukturell innerhalb gemeinwohlorientierter Infrastruktur (beispielsweise Nutzung von gemeinwirtschaftlich betriebener Open-Source-Cloud-Infrastruktur und Software), könnte auch dieses private KMU von solchen regulatorischen Entlastungen profitieren.

4

Sehen Sie eine Reform des Strommarktdesigns als Voraussetzung für wettbewerbsfähige Strom- und Energiepreise in Europa? [Ja/Nein] Falls ja, wie wollen Sie das Strommarktdesign verändern, damit die Energiepreise für Unternehmen in Europa sinken?
Ja. Allerdings ist unser Hauptaugenmerk die Versorgung der Bevölkerung. Die Linke will Energieerzeugung und -verteilung so dezentral wie möglich und so zentral wie nötig organisieren. Stadtwerke und Energiegenossenschaften wollen wir stärken. Energiegenossenschaften haben vielerorts gute Beispiele dafür geschaffen, was etwa mit Windkraft und Solaranlagen alles möglich ist. Der Markt für Energie in der EU funktioniert nicht, weil er strukturelle Fehler hat. Das Merit-Order-Prinzip in seiner gegenwärtigen Wirkungsweise lehnen wir ab. Ein klimagerechtes Strommarktsystem muss leistungslose Übergewinne ausschließen. Sollten sie durch externe Schocks dennoch auftreten, müssen sie konsequent abgeschöpft werden und in einen Fonds fließen, aus dem Genossenschaften und Kommunen anschubfinanziert werden können, wenn sich ein konkretes Projekt als wirtschaftlich schwierig umsetzbar erweist.

5

Sollen energieintensive Unternehmen auf ihrem Weg in die Klimaneutralität durch europäische Klimaschutzverträge (Contracts for Difference) unterstützt werden? [Ja/Nein] Falls ja, wie wollen Sie gewährleisten, dass auch mittelständische Unternehmen davon profitieren?
Ja. Mithilfe von Differenz- und Klimaschutzverträgen (CCfDs) wollen wir klimafreundliche Technologie bei der Um- und Ausrüstung von Produktionsanlagen fördern und Beschäftigung schützen: Energieintensive Industriebetriebe erhalten Finanzhilfen für die Umrüstung auf eine CO2-arme Produktion in Höhe der Differenz der CO2-Vermeidungskosten und dem CO2-Zertifikatspreis. So bleiben Industriebetriebe der Transformation wettbewerbsfähig und Beschäftigung kann geschützt werden.

6

Sehen Sie den Bedarf, ein investitionsfreundlicheres Klima in Europa schaffen zu müssen? [Ja/Nein] Welche konkreten Schritte werden Sie tätigen, um Investitionen von Unternehmen in Europa zu erleichtern und zu fördern?
Ja. Unser Augenmerk liegt dabei auf öffentlichen Investitionen. Die Forderung nach einem investitionsfreundlichen Klima wird oft benutzt, eine Politik zu rechtfertigen, die den Sozialstaat, und die Rechts von Beschäftigten, Verbraucher- und Umweltschutz zu schwächen. Die Linke lehnt eine solche Politik (des Sozial- Lohn- und Umweltdumpings) ab. Wir streiten für einen für einen sozial und ökologisch gerechten Umbau der Wirtschaft. Wir wollen für gute Löhne in ganz Europa, von denen alle gut leben können. Statt einer Neuauflage europäischer Kürzungspolitik fordern wir zudem massive öffentliche Investitionen in Soziales, Bildung, Gesundheit und den klimagerechten Umbau. Gute Löhne und öffentliche Investitionen bedeuten auch mehr Nachfrage, die wiederum unternehmerische Tätigkeit und Investitionen stimuliert. Insbesondere öffentliche Investitionen sind eine Triebkraft für Investitionen privater Unternehmen. Sie stärken die öffentliche Infrastruktur und ermöglicht eine zukunftsorientierte, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, von der auch Unternehmen profitieren. Diesen Umbau wollen wir nicht den Marktkräften überlassen, sondern setzen auf öffentliche Kontroll- und Steuerungskapazitäten. Das bringt Verlässlichkeit, Planbarkeit und gleiche Rahmenbedingungen für alle – was auch privaten Unternehmen nutzt. In diesem Rahmen setzte sich Die Linke im Europaparlament dafür ein, dass EU-Fördermittel, insbesondere für KMUs, leichter zugänglich werden.

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Wie gestaltet sich Ihre Subventionspolitik im Hinblick auf die Unterstützung der Unternehmen bei der digitalen und ökologischen Transformation? Setzen Sie auf direkte Subventionen für bestimmte Technologien und Branchen oder bevorzugen Sie marktwirtschaftliche Instrumente?
Mithilfe von Differenz- und Klimaschutzverträgen (CCfDs) wollen wir klimafreundliche Technologie bei der Um- und Ausrüstung von Produktionsanlagen fördern und Beschäftigung schützen: Energieintensive Industriebetriebe erhalten Finanzhilfen für die Umrüstung auf eine CO2-arme Produktion in Höhe der Differenz der CO2-Vermeidungskosten und dem CO2-Zertifikatspreis. So bleiben Industriebetriebe in der Transformation wettbewerbsfähig und Beschäftigung kann geschützt werden. Subventionen und Investitionshilfen für eine CO2-freie Industrie müssen an soziale Bedingungen für gute Arbeit, Tariftreue, konkrete Beschäftigungszahlen, Ausbildungsquoten und Standortgarantien geknüpft werden. Wer Beschäftigungsabbau betreibt, muss Fördergelder zurückzahlen. Es dürfen keine Unternehmen in Steueroasen gefördert werden.

8

Soll das europäische Fachkräfteeinwanderungsrecht reformiert werden? [Ja/Nein] Falls ja, was wollen Sie tun, um mehr internationale Fachkräfte nach Europa zu holen?
Ja. Nicht nur die Fachkräfteeinwanderung muss reformiert werden. Wir wollen die Asyl- und Migrationspolitik insgesamt an internationalem Recht und Menschenrechten ausrichten. Die Linke streitet gegen die europäische Politik der Abschottung. Wir sehen Einwanderung als Chance. Um Migration und Fachkräfteeinwanderung in Einklang zu bringen, muss der Zugang zum Arbeitsmarkt für Geflüchtete und Migranten vereinfacht werden, durch bessere Anerkennung von Abschlüssen, Qualifikationen und bisherigen Berufserfahrungen, sowie Zugang zu Sprachkursen. Wir wollen einen EU-Fonds für Willkommenskulturen einrichten, die Kommunen hilft, ihre öffentliche Daseinsvorsorge auszubauen, um die Solidarität vor Ort zu stärken. Für Branchen mit Fachkräftemangel könnten zusätzliche Ausbildungsgänge eingerichtet werden, die auf Eingewanderte und Geflüchtete als Zielgruppe zugeschnitten sind. Ein weiteres zentrales Mittel gegen Fachkräftemangel in vielen Branchen ist grundsätzlich die Verbesserung der Bezahlung und der Arbeitsbedingungen, mit dem Ziel, gute Arbeitsbedingungen für alle zu schaffen und prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu beseitigen.