Wahlprüfstein Europawahl 2024

Deutscher Franchiseverband e.V.

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Welche Wachstumsmöglichkeiten sehen Sie zukünftig für die Franchisewirtschaft und welchen Stellenwert räumen Sie dieser Art von Unternehmenskooperationen selbstständiger Unternehmer im europäischen Kontext ein?
Die Linke unterstützt Unternehmenskooperationen, wo sie nicht zu Konzentration und Marktmacht führen, andere Anbieter verdrängen oder nicht entstehen lassen. Selbständige und freiberufliche Tätigkeit sind für uns zentraler Bestandteil einer guten Wirtschaftsordnung. Das Thema der Unternehmenskonzentration wird bei der kommenden EU-Kommission höchst relevant. Die Bildung europäischer „Champions“ scheint die Wettbewerbsstrategie des Europäischen Rates zu sein. Da die EU Anfang 2024 die Rückkehr zur Kürzungspolitik beschlossen hat (Reform des SWP) wird Geld für Investitionen fehlen. Die angestrebte Kapitalmarktunion wird in Kooperation mit der Privatisierung der Rentensysteme Geld in die Aktienmärkte umlenken, was die Nachfrage nach Gütern sinken lassen wird. Wir wollen genossenschaftliche (kooperative) Ansätze fördern, die gemeinwirtschaftliche Ziele verfolgen und regionale Wirtschaftskreisläufe ausbauen. Wir begrüßen Unternehmensgründungen und fördern Unternehmer*innen. Allerdings brauchen wir keine prekäre Selbständigkeit und individuelle „Rosinenpickerei“. Wir wollen sämtliche Tätigkeiten über die Sozialversicherungen mit Beiträgen absichern und die Lasten nicht auf die Allgemeinheit abwälzen, wenn die Selbständigkeit scheitert oder zu geringe Einkommen im Falle von Krankheit und im Alter abwirft. Wichtig ist uns dabei, dass die künftigen Beiträge für Selbständige und andere Freiberufler sich deutlich stärker am realen Einkommen orientieren.

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Die Rückläufige Zahl der Existenzgründungen belastet auch die Franchisewirtschaft. Ein verantwortlicher Faktor ist die mangelnde Wertschätzung gegenüber dem Unternehmertum. Wie planen Sie die Unternehmenskultur zu stärken, um mehr Menschen zur Selbstständigkeit zu motivieren?
Die Linke unterstützt wirtschaftliche Selbständigkeit. Wir stellen jedoch keine „mangelnde Wertschätzung gegenüber dem Unternehmertum“ in Deutschland fest. Bei Springer Professional wurde am 9.1.2024 der Artikel „Junge Menschen finden Unternehmertum cool“ veröffentlicht. Dort findet man Daten, die das hohe Ansehen von „Entrepreneurship“ bestätigen. Für eine funktionierende Marktwirtschaft bedarf es einer hohen, effektiven Nachfrage. Um die Einkommen der Bürger*innen zu stärken, wollen wir die Vermögensteuer wieder einführen, die Unternehmen nicht belastet: ein Prozent ab einer Million Euro Nettovermögen, fünf Prozent ab 50 Millionen Euro und für Vermögen oberhalb von einer Milliarde Euro zwölf Prozent. Hierdurch können wir Investitionen in Wohnen, Bildung, ÖPNV und Pflege finanzieren, die wiederum die Konjunktur ankurbeln werden. Die Linke sieht die gegenwärtige Entwicklung kritisch. Das Mandat der nächsten EU-Kommission sieht vor, dass es zu stärkeren Monopolen kommen soll, mit grenzübergreifenden M&A. Dies widerspricht den Elementen, die die wirtschaftliche Selbständigkeit für Die Linke attraktiv machen, individuelle Unabhängigkeit und gesellschaftliche Machtverteilung. Die Linke tritt also zugunsten kleiner Unternehmen gegen die marktgetriebene Ballung von Macht in der Hand immer weniger Unternehmen stark.

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Wie stehen Sie zu einer europäischen Existenzgründungsförderung, gegebenenfalls auch ermessensfrei?
Die Linke unterstützt die Förderung von Existenzgründungen und fordert die Mittelanpassung insoweit, wie sie nicht in prekäre Selbständigkeit und Selbstausbeutung mündet. Gute Konzepte, eine umfassende Beratung und Begleitung sowie die Beachtung aller Regeln und Tariftreue sind für uns Voraussetzung für die Vergabe öffentlicher Mittel. Es gibt keinen Grund für eine Sonderbehandlung bei Existenzgründungen. Die allgemeine „Start Up“ Begeisterung sehen wir kritisch, 9 von 10 Unternehmen scheitern, und zwar nicht an zu viel „Bürokratie“. Die „Disruption“ von Geschäftsfeldern durch StartUps ist häufig auch mit negativen Folgen für andere Unternehmen, Branchen und die Beschäftigten verbunden. In diesem Sinne steht Die Linke nicht für eine „ermessensfreie“ Förderung. Der Einsatz öffentlicher Mittel und die Anpassung des Rechtsrahmens erfordern stets eine Prüfung der Ziele und Folgen der Existenzgründung – nicht nur für die Gründer*innen.

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Über die Hälfte der Bürokratiebelastung kommt aus der EU. Besonders betroffen sind deutsche Existenzgründer und Selbständige. Dies belastet die Franchisewirtschaft erheblich. Welche Maßnahmen planen Sie, um EU-Bürokratie abzubauen und Gründer sowie Selbständige zu entlasten?
Die Linke unterstützt den Ansatz des „One-In-One-Out“ nicht. Die Linke will dort Bürokratie abbauen, wo sie unsinnig ist und nur zeitliche wie finanzielle Belastungen mit sich bringt. Nicht aber, wo sie Arbeits- und Umweltschutz und Tarifrechte betreffen. Ob es unsinnige Belastungen gibt, ist gemeinsam mit den Betroffenen, deren Verbänden und Stakeholdern aus anderen sozialen Bereichen zu prüfen. Um die Arbeit der staatlichen Verwaltung zu beschleunigen, wollen die digitale Verwaltung mit mehr Mitteln (€10 Mrd. p.a.) und Personal durchsetzen, die Behörden (Bund, Land und Kommunen) vernetzen und Abläufe beschleunigen und effektiv organisieren. Nur so ist eine öffentliche Verwaltung zukunftsfähig, reduziert „Bürokratie“ im Alltag und beim überfälligen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft.

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Das wachsende Ungleichgewicht zwischen multinationalen Konzernen und KMUs, gefördert durch gesetzliche Privilegien, belastet auch die Franchisewirtschaft. Wie planen Sie das Gleichgewicht wiederherzustellen, fairen Wettbewerb zu sichern und Vielfalt sowie Innovation im europäischen Markt zu fördern?
DIE LINKE stellt sich gegen die Strategie der großen europäischen Monopole, die gegenwärtig von Von der Leyens (EVP) geführter EU-Kommission und von Charles Michel (Liberale Parteifamilie) gefördert wird. Wir kritisieren bereits seit langem die laxe Wettbewerbskontrolle der EU, die nur sehr selten Zusammenschlüssen zwischen Unternehmen verbietet. Wir benötigen hier auf EU-Ebene einen Wechsel, um immer größere Ballung von Marktmacht zu verhindern. Konkret müssen wir bei der angekündigten Revision der Beihilferegeln auf lokale, soziale und umweltgerechte Produktion regionaler Wirtschaftskreisläufe setzen. Hier hilft auch die Stärkung der Sozialen Säule.