Wahlprüfstein Europawahl 2024

Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung Münster

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Werden Sie sich für die Verankerung eines Grundrechts auf sexuelle und reproduktive Gesundheit innerhalb der Charta der Grundrechte der EU einsetzen?
Ja. Unsere Abgeordneten werden sich dafür starkmachen, dass die Grundrechte auf sexuelle und reproduktive Gesundheitsversorgung und auf sichere und legale Abtreibung in die Charta der Grundrechte der EU aufgenommen werden. Entsprechende Forderungen, wie z.B. kostenfreie Empfängnisverhütung sowie sicherer und kostenloser Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, sind Bestandteil unseres Programms zur Europawahl 2024 (vgl. S. 80 ff.). Zudem fordern wir mehr Beratungs- und Gesundheitszentren für queere, trans und inter Menschen sowie eine umfassende und kostenfreie Gesundheitsversorgung, die niedrigschwellig und diskriminierungssensibel ist. Das gehört für uns zur Gewährleistung des Grundrechts auf sexuelle und reproduktive Gesundheit.

2

Angesichts dessen, dass die Charta der Grundrechte der EU und die Europäische Menschenrechtskonvention bereits reproduktive Rechte umfassen, muss der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen gewährleistet werden.
Ja. Die Linke fordert einen sicheren und kostenlosen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen überall in der EU. Das ist für uns ein wichtiger Bestandteil des Grundrechts auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung.

3

Werden Sie eine umfassende Überarbeitung der Gender Equality Strategie der EU-Kom- mission und veranlassen und in der Neuauflage ab 2025, eine umfassende Verankerung reproduktiver Rechte veranlassen?
Ja. Die bisherige Gleichstellungsstrategie erwähnt zwar sexuelle und reproduktive Gesundheit, spart aber den Aspekt der sexuellen und reproduktiven Selbstbestimmung weitgehend aus. Die Linke setzt sich dafür ein, dass die reproduktiven Rechte in der gesamten EU gestärkt werden. Die neue Gleichstellungsstrategie muss durch entsprechende Vorgaben dazu führen, dass überall in der EU ein sicherer und kostenloser Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen gewährleistet wird. Alle Einschränkungen in den Strafgesetzbüchern der EU-Mitgliedsländer müssen beseitigt werden, um Schwangerschaftsabbrüche zu entkriminalisieren.

4

Inwiefern werden Sie die finanziellen und personellen Ressourcen sowie die Kompetenzen des European Institute for Gender Equality mit dem expliziten Auftrag der Stärkung sexueller und reproduktiver Rechte sowie Rechten von LGBTQI* Personen innerhalb der EU stärken?
Zur Stärkung der Rechte von LGBTIQ Personen fordern wir zum einen mehr finanzielle Mittel für die Selbstorganisation und Interessenvertretung queerer Menschen. Die finanzielle Förderung von zivilgesellschaftlichen Initiativen und NGOs, die sich für ihre Rechte und Anliegen einsetzen, muss europaweit ausgebaut und verstetigt werden. Zum anderen braucht es mehr Erkenntnisse zur sozialen Lebensrealität von LGBTIQ Personen in der EU. Unsere Delegation wird sich deshalb für Forschungsgelder und -aufträge zu diesem Zweck einsetzen. Das European Institute for Gender Equality sollte dabei mit seinen Fach- und Methodenkompetenzen eine zentrale Rolle spielen, um sein Kompetenzprofil um queere und intersektionale Perspektiven zu erweitern.

5

Wie können Sie die finanzielle Unterstützung für sexuelle Rechte und gezielte finanzielle Förderung für zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzen, gewährleisten?
Wir fordern, dass zivilgesellschaftliche Bündnisse und Organisationen, die sich für sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung einsetzen, stärker finanziell gefördert werden. Gleiches wollen wir für unabhängige Frauengesundheitseinrichtungen und -initiativen, für die frauenspezifische Gesundheitsforschung und für die Erforschung neuer Verhütungsmittel (besonders für Männer). Um dies durchzusetzen, wird unsere Delegation Die Linke den Schulterschluss suchen mit Fraktionen und interfraktionellen Arbeitsgruppen (z.B. LGBTI, Rassismusbekämpfung und Vielfalt), die das gleiche Ziel verfolgen. Gemeinsam kann dann die EU-Kommission zur Vorlage eines entsprechenden Vorschlags aufgefordert werden.

6

Wie werden Sie eine systematische Analyse der Qualität und Sicherheit von Schwanger- schaftsabbrüchen in allen EU-Mitgliedsstaaten umsetzen?
Über die medizinische Versorgungssituation bei Schwangerschaftsabbrüchen ist sowohl in Deutschland als auch EU-weit relativ wenig bekannt. Um diese Wissenslücke zu schließen, sind vermehrte Forschungsanstrengungen notwendig. Daten zur Versorgungsituation müssen EU-weit gesammelt und analysiert werden. Ebenso Befragungen von Patientinnen und Ärzt*innen. Um ensprechende Forschungsprojekte EU-weit durchzuführen, werden sich die Mitglieder unserer Delegation Die Linke im Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments für eine adäquate und längerfrisitge Finanzierung einsetzen.

7

Wie werden Sie eine finanzielle Förderung und einen Ausbau EU-weiter Comprehensive Sexual Education (CSE) sicherstellen?
Die Linke streitet für ein bedarfsgerechtes und öffentlich finanziertes Bildungssystem. Wir wollen eine sozial durchlässige, kritische und emanzipatorische Bildung. Dazu zählt auch eine umfassende Sexualerziehung an Schulen und anderen pädagogischen Einrichtungen. Eine offene, kritische und emanzipatorische Sexualpädagogik ist ein Grundpfeiler hochwertiger Bildung. Sie regt junge Menschen an, sich mit sozialen Normen kritisch auseinanderzusetzen. Dafür fordern wir verstärkte Investitionen in die Lehrkräfteaus- und -weiterbildung, die Überarbeitung von Lehrplänen, ein besseres Monitoring und eine verstärkte Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Initiativen und Organisationen, die emanzipatorische und aufklärerische Ziele verfolgen. Im Haushaltsausschuss werden wir uns für finanzielle Förderung und einen EU-weiten Ausbau einer emanzipatorischen und vielfaltsorientierten Sexualpädagogik einsetzen.

8

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass in der gesamten Außen- und Entwicklungspolitik sexuelle, reproduktive und queere Rechte gefördert und der Zugang zu Verhütungsmitteln sowie zu sicheren, legalen und kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gesichert ist?
Ja. Wir wollen die reproduktiven und sexuellen Rechte in ganz Europa und weltweit stärken. Auch außerhalb der EU fordern wir ein Recht auf sicheren und kostenfreien Schwangerschaftsabbruch sowie auf kostenfreie Empfängnisverhütung (inklusive „Pille danach“). Entspechende Initiativen und Bündnisse wollen wir stärker fördern. Gegenüber der Diskriminierung queerer Personen und Communitys durch einzelne EU-Mitgliedstaaten darf es keine Nachsicht geben. Wenn Mitgliedstaaten die EU-Grundwerte nicht achten, muss ein Stopp der Zahlungen von Fördermitteln zukünftig zielgenauer geregelt werden – beispielsweise dürfen Projekte im sozialen Bereich, Integrations- oder Bildungsprojekte nicht gefährdet werden. Bei gravierenden Verletzungen dieser Grundwerte sollte dem betreffenden Staat das Stimmrecht im Rat entzogen werden.