Wahlprüfstein Bundestagswahl 2025
VENRO
1
Inwieweit setzt sich Ihre Partei für die Einhaltung der Zusagen für die Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe sowie Klimafinanzierung ein?
Beide sind für uns sehr wichtig. Statt historischer Kürzungen braucht es im Bundeshaushalt mindestens 12,2 Milliarden Euro Entwicklungsmittel jährlich. Millionen Menschen im Globalen Süden kämpfen mit lebensbedrohlichen Krisen wie Kriegen, Klimakatastrophe, Armut und Hunger. Es ist unsere Pflicht, zumindest ihre existenziellen Grundbedürfnisse zu sichern. Um die wichtige Arbeit der zahlreichen Projekte der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe dauerhaft zu sichern, fordern wir eine verlässliche Mindestfinanzierung der Entwicklungszusammenarbeit auf die international vereinbarten 0,7 % des BNE, mindestens 0,2 % muss endlich an die ärmsten Länder (LDCs) fließen. Die internationale Klimafinanzierung muss mindestens acht Milliarden Euro jährlich betragen. Diese Gelder müssen zusätzlich sein und dürfen nicht wie bisher mit der Entwicklungszusammenarbeit verrechnet werden. Eine Verwendung von Entwicklungsgeldern für zivil-militärische Zusammenarbeit oder die Abschottung gegen Geflüchtete lehnen wir ab.
Themen:
Entwicklungspolitik
2
Welche Mittel plant Ihre Partei für Humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen und wie stehen Sie zu einer Förderung von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen (NRO) von mindestens 30%?
Für humanitäre Hilfe wollen wir im Bundeshaushalt mindestens 3,2 Milliarden Euro jährlich bereitstellen. Die 30-Prozent-Förderung für lokale und internationale NRO begrüßen wir. Angesichts der zunehmenden Konflikte, Naturkatastrophen und Hunger muss die Finanzierung der humanitären Hilfe entsprechend des humanitären Völkerrechts erhöht und nach Bedarf vergeben werden und nicht aufgrund außen- oder sicherheitspolitischer und geopolitischer Interessen. Die Mittel müssen flexibel und präventiv einsetzbar sein, um auch in wenig beachteten Konflikten überlebensnotwendige Hilfe zu gewährleisten, Menschen in akuten Notlagen und insbesondere die Schwächsten wie Frauen, Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen zu schützen. Bei der Mittelvergabe sollen die Prinzipien des humanitären Völkerrechts, wie Menschlichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit geachtet werden.
Themen:
Entwicklungspolitik
3
Welche Maßnahmen möchte Ihre Partei ergreifen, um die Ziele der Agenda 2030 zu erreichen und inwiefern setzt sich Ihre Partei für deren Fortführung ein?
Die kommende Legislatur muss genutzt werden, um konsequente Maßnahmen zur Erreichung der UN-Agenda 2030 zu ergreifen. Wir wollen Ernährungssouveränität und das Recht auf Nahrung sicherstellen, Landraub durch Großkonzerne verhindern, Kleinbäuer*innen fördern, lokale Produzenten vor Preis-Dumping und Verdrängung schützen und Spekulation mit Nahrungsmitteln verbieten. Wir fordern, dass das Menschenrecht auf Gesundheit gestärkt wird. Wir wollen massive Investitionen in den Klima- und Umweltschutz. Wir fordern den sozialen und ökologischen Umbau von Wirtschaft, Wirtschaftsbeziehungen auf Augenhöhe und den Aufbau nachhaltiger Wertschöpfung vor Ort. Unternehmen sind mit einem starken Lieferkettengesetz ohne Ausweichmöglichkeit in die Pflicht zu nehmen.
Kurz: Alle Politikbereiche sind auf die Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele auszurichten und benötigen eine finanzielle Aufstockung. Wir brauchen messbare, zeitlich gebundene Zielsetzungen und die Einrichtung entsprechender Monitoring-Systeme.
4
Inwiefern setzt sich Ihre Partei für die Reform der internationalen Finanzarchitektur ein und welche Veränderungen möchte Ihre Partei bewirken?
Die Linke tritt für einen Umbau der internationalen Finanzarchitektur ein. Wir wollen die globale und europäische Mindeststeuer für Unternehmen erhöhen und eine globale Mindeststeuer für Milliardäre einführen. Entgegen Versprechungen von BMZ-Ministerin Svenja Schulze (SPD) hat die Bundesregierung Vorschläge der brasilianischen G7-Präsidentschaft zu einer weltweiten Superreichensteuer torpediert. Das halten wir – angesichts wachsender globaler Ungleichheit – für grundfalsch. Wir fordern, dass die internationalen Finanzmärkte reguliert werden. Eine Finanztransaktionssteuer soll schnelle Spekulationsgeschäfte unattraktiv machen. Wir wollen faire Kooperationsabkommen anstelle von Freihandelsabkommen. Es braucht einen Schuldenschnitt für Länder des globalen Südens und eine Entschuldungsinitiative. Weltbank und der Internationaler Währungsfonds (IWF) müssen in den Dienst von nachhaltiger Entwicklung von Ökonomien, den sozialen Zusammenhalt von Gesellschaften und den Umwelt- und Klimaschutz gestellt werden.
5
Welche Maßnahmen sieht ihre Partei vor um sicherzustellen, dass außen-, sicherheits- und wirtschaftspolitische Handeln Deutschlands kohärent und menschenrechtsbasiert ist?
Die Linke steht zu den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der UN. Statt Schuldenbremse und historischer Haushaltskürzungen bei AA und BMZ braucht es eine nachhaltige Finanzierung der internationalen Arbeit am tatsächlichen Bedarf. In Zeiten geopolitischer Verschiebungen mit Machtkämpfen und Kriegen sind eine Rekordzahl von Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Jetzt ist die Stärkung von Völkerrecht, ziviler internationaler Organisationen, Frieden, Abrüstung und Konfliktprävention essentiell. Wir fordern den Stopp von Deutschlands Waffenexporten und stärkere Rechte des Bundestages bei der Kontrolle der Bundesregierung (Exportgenehmigungen). Leitlinien für entwicklungspolitische Maßnahmen sind Menschenrechte, Schutz von Frauen, Mädchen, LGBTIQ+, Kindern und Jugendlichen. Eine Verwendung von Entwicklungshilfegeldern für zivil-militärische Zusammenarbeit oder die Abschottung gegen Geflüchtete lehnen wir ab. Das Lieferkettengesetz wollen wir stärken.
6
Welche Maßnahmen sieht ihre Partei vor, um zivilgesellschaftliche Handlungsräume in Deutschland und international zu schützen und zu stärken?
Die Linke will zivilgesellschaftliche Organisationen im Inland und international wirksam und verlässlich stärken. Im Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung angekündigt, Menschenrechte und Demokratie weltweit zu fördern und die Zusammenarbeit mit NGOs, Vereinen und Basisorganisationen zu stärken. Tatsächlich hat die Ampel die Mittel für internationale Zusammenarbeit in historischem Ausmaß gekürzt und Zusammenarbeit mit Organisationen eingestellt. Einschränkungen durch Regierungen, etwa durch Anti-Terror-Gesetzgebung, Sicherheitsgesetze, Militär oder Handelsverträge stellen wir uns entgegen. Den Zugang zu nachhaltigen, verlässlichen finanziellen Ressourcen aus öffentlichen Mitteln wollen wir zivilgesellschaftliche Organisationen im Inland und international garantieren Menschenrechtler*innen und Umweltaktivist*innen wollen wir schützen und vor Kriminalisierung bewahren. Die Linke will im Bundeshaushalt mindestens 650 Millionen Euro jährlich für zivilgesellschaftliche Organisationen bereitstellen, die in der humanitären Hilfe tätig sind und sich in Notlagen für die Bevölkerung einsetzen.
Themen:
Bürger- und Menschenrechte
7
Welche Maßnahmen möchte Ihre Partei ergreifen, um die Bedürfnisse und die Mitbestimmung vulnerabler/marginalisierter Gruppen in der Entwicklungspolitik und Humanitären Hilfe zu stärken?
Die Stärkung marginalisierter Gruppen in Ländern des Globalen Südens ist grundlegend. Deren Lebensverhältnisse stehen in direkter Abhängigkeit zu Politik und Wirtschaftsweise der Industrieländer, wobei oftmals koloniale Kontinuitäten weiterbestehen. Für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe setzen wir auf institutionelle Stärkung der politischen Einflussnahme marginalisierter Gruppen auf die deutsche Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe durch direkte Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen, da diese die Bedürfnisse vor Ort am besten kennen. Die Linke setzt sich für eine gezielte, nachhaltige Finanzierung feministischer Außenpolitik ein, mindestens 20 Prozent der BMZ-Mittel sind für die Erreichung primärer Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen. Der Gender-Aktionsplan des BMZ muss finanziell unterlegt sein. Im AA führen wir eine Förderquote von 20 Prozent für gender-targeted und gendertransformative Programme in der humanitären Hilfe ein. Alle Maßnahmen gestalten wir gendersensibel.
Themen:
Entwicklungspolitik,
Frauenrechte