Wahlprüfstein Bundestagswahl 2025
Deutscher Frauenrat
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Demokratie, Menschenrechte und Gleichstellungspolitik stehen weltweit unter Druck. Was planen Sie, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und antifeministischen und menschenfeindlichen Einstellungen entgegenzuwirken? Wie wollen Sie Rassismus und diskriminierende Strukturen bekämpfen?
Die Linke stellt sich gegen Antifeminismus und Rassismus in jeglicher Form. Hasskriminalität gegen Frauen und Queers muss bundesweit erfasst und strafrechtlich verfolgt werden. Antirassismus wollen wir gesetzlich stärken. Wir fordern eine klare Arbeitsdefinition von institutionellem und strukturellem Rassismus. Diskriminierungsschutz muss auch staatliches Handeln einbeziehen. Dafür fordern wir ein Antidiskriminierungsgesetz des Bundes. Wir wollen eine grundlegende Reform des AGG und ein Verbandsklagerecht. In Artikel 3 GG muss eine Schutz- und Förderklausel gegen rassistische Diskriminierung. Für Menschen mit Rassismuserfahrungen wollen wir institutionalisierte Hilfs- und Beratungsstrukturen, die niedrigschwellig, flächendeckend und regelfinanziert sind. Wir wollen ein Partizipationsgesetz mit Quote, um den Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte im öffentlichen Dienst zu erhöhen, und einen Partizipationsrat, der in wichtige politische Entscheidungen einbezogen wird.
Themen:
Rassismus,
Frauenrechte
4
Frauen müssen von ihrem eigenständig erwirtschafteten Einkommen leben und vorsorgen können, um finanziellen Abhängigkeiten und (Alters-)Armut vorzubeugen. Mit welchen Maßnahmen werden Sie der Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und im Steuerrecht entgegenwirken?
Derzeit sind rund 4,3 Millionen Frauen in Deutschland geringfügig beschäftigt, wie eine Kleine Anfrage von Die Linke im Bundestag ergab. Wir wollen die prekären Minijobs in sozialversicherungspflichtige und tariflich bezahlte Beschäftigungsverhältnisse überführen, damit u.a. eigenständige Rentenansprüce aufgebaut werden können. Wir wollen, dass Berufe, die mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden (vor allem die SAHGE-Berufe, aber auch im Einzelhandel und Reinigungsgewerbe) besser bezahlt werden. Die öffentlichen Arbeitgeber müssen diese Berufe tariflich aufwerten. Dafür kämpfen wir mit den Gewerkschaften. Im privaten Sektor wollen wir den Mindestlohn von 16 Euro ab 2026. Das Entgelttransparenzgesetz machen wir zum "Entgeltgleichheitsgesetz", um gleiche Bezahlung für Frauen durchzusetzen. Damit Betroffene nicht allein klagen müssen, fordern wir ein Verbandsklagerecht. Im Steuerrecht wollen wir statt dem Ehegattensplitting eine Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag.
Themen:
Frauenrechte
5
Jede vierte Frau ist von Gewalt betroffen. Wie planen Sie Istanbul-Konvention und EU-Gewaltschutzrichtlinie umzusetzen und dabei den Schutz von mehrfachdiskriminierten Betroffenen, wie migrantischen, geflüchteten, wohnungslosen, trans, nicht-binären oder Personen mit Behinderungen, sicherzustellen?
Die Linke fordert, dass die Istanbul-Konvention durch gesetzliche Vorgaben und einen nationalen Aktionsplan vollständig umgesetzt wird. Die Koordinierungsstelle muss unverzüglich ihre Arbeit aufnehmen und eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung und Prävention von Gewalt gegen Frauen entwickeln. Das Gewalthilfegesetz muss so schnell wie möglich verabschiedet werden. Für eine bedarfsgerechte und einzelfallunabhängige Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen fordern wir ein Sofortprogramm von 500 Millionen Euro. Schutz und Beratung müssen für alle Frauen und ihre Kinder überall in Deutschland kostenfrei, anonym, pauschal und barrierefrei zur Verfügung stehen. Zur Bekämpfung queerfeindlicher Gewalt und Diskriminierung fordern wir einen ausfinanzierten Aktionsplan „Queer leben“, der um intersektionale Aspekte ergänzt wird (z.B. Rassismuserfahrung, Obdachlosigkeit, Altersarmut). Zudem fordern wir ein bundesweites Antidiskriminierungsgesetz und eine Novelle des AGG.
Themen:
Frauenrechte
6
Geschlechtergerechtigkeit ist ein Menschenrecht - das gilt auch in der Gesundheitsversorgung. Welche Maßnahmen planen Sie, um eine geschlechter- und diversitätssensible Gesundheitsversorgung und -forschung in Deutschland sicherzustellen?
Die Linke will die reproduktive Selbstbestimmung von Frauen stärken und fordert die Streichung des § 218 StGB. Die Versorgungslage ungewollt Schwangerer muss besser werden. Beratungsangebote müssen freiwillig sein. Der Schwangerschaftsabbruch muss als medizinischer Eingriff gelten, der von den Krankenkassen finanziert wird. Eine Grundausstattung an Menstruationsprodukten soll in allen öffentlichen Einrichtungen kostenfrei bereitgestellt werden. Eine künstliche Befruchtung muss allen möglich sein, unabhängig von sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität, Ehe oder Beziehungsstatus. Die Gesundheitsversorgung von queeren Menschen wollen wir verbessern. Geschlechtsangleichende Maßnahmen müssen von den Krankenkassen übernommen werden. Medizinische Versorgungseinrichtungen müssen flächendeckend, niedrigschwellig und diskriminierungsfrei sein. Die Zugänge zu PrEP, PEP und Hormonpräparaten müssen besser werden. Dazu braucht es eine bedarfsgerechte, wohnortnahe Versorgung mit Fachärzt*innen.
Themen:
Gesundheit,
Frauenrechte
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Deutschland durchlebt einen beispiellosen technologischen und gesellschaftlichen Wandlungsprozess. Wie setzen Sie sich dafür ein, dass Gleichstellung ein verbindliches Kernziel in der Transformation wird? Wie wollen Sie Frauen am Umbau von Wirtschaft, Digitalisierung und Klimapolitik beteiligen?
Damit die sozial-ökologische Transformation geschlechtergerecht stattfindet, müssen Zeit, Geld, Macht und Verwirklichungschancen gleichmäßiger zwischen den Geschlechtern (um-)verteilt werden. Die Lebenswirklichkeit von Frauen muss aus einer intersektionalen Perspektive in der Transformation berücksichtigt werden. Die Linke will verbindliche Regelungen, die sicherstellen, dass Frauen und ihre Interessen in den Entscheidungsprozessen zur Gestaltung der Transformation repräsentiert werden. Wir setzen uns daher auf allen politischen Ebenen (kommunal, regegional, national) für Transformationsräte ein, in denen neben der Politik, der Wissenschaft und den Unternehmen auch Gewerkschaften, Frauen-, Migrations-, Umwelt- und Sozialverbände gleichwertiges Stimmrecht haben. Die Transformationsräte haben Initiativrecht für die Mittelverwendung aus dem Transformationsfonds und der Infrastrukturpolitik.
Themen:
Frauenrechte
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Die Rechte von Frauen, Mädchen und queeren Menschen sind weltweit bedroht. Welche Maßnahmen planen Sie, um Frieden und Geschlechtergerechtigkeit in der internationalen Zusammenarbeit sowie in multilateralen Foren politisch und finanziell voranzutreiben?
Die Linke fordert zivile Maßnahmen der Gewaltprävention und Konfliktlösung. Deutsche Außen-, Entwicklungs- und Menschenrechtspolitik muss Friedenspolitik und Geschlechtergerechtigkeit weltweit voranbringen. Die UN-Resolution 1325 »Frauen, Frieden und Sicherheit« muss vollständig umgesetzt werden – weder die Beteiligung von Frauen an Friedensprozessen noch an Konflikten darf ausgeblendet werden. Zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 und der UN-Frauenrechtskonvention wollen wir Frauenrechtsorganisationen ausreichend finanzieren und das Prinzip der Geschlechtergerechtigkeit in der internationalen Zusammenarbeit etablieren.
Zentrale Leitlinien für entwicklungspolitische Maßnahmen müssen die Einhaltung von Menschenrechten, Schutz von Frauen, Mädchen und LSBTIQ+ und Schutz von Kindern und Jugendlichen sein. Eine Verwendung von Entwicklungshilfegeldern für zivil-militärische Zusammenarbeit oder die Abschottung gegen Geflüchtete lehnen wir ab.
Themen:
Entwicklungspolitik,
Frauenrechte