Wahlprüfstein Europawahl 2024

BBK – Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler

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Wie setzen Sie sich für den Erhalt der Lebensgrundl. der Menschen ein, werden Sie sich für den Ausbau und die Stärkung des Green Deal einsetzen? In welchem Zeitraum werden Sie die Ziele umsetzen? Mit welchen Initiativ. u. Kooperationen werden Sie die Große Transformation der Gesells. voranbringen?
Ja. Wir unterstützten den Green Deal, aber streiten dafür, dass Klimaschutz mit dem Green Deal sozial gerecht umgesetzt wird - und verteidigen ihn vor Angriffen von konservativen Parteien. Die Klimaschutzziele des Green Deal sind dabei aber noch zu unambitioniert und müssen erhöht werden – schnellerer Ausbau der Erneuerbaren und des öffentlichen Nahverkehrs, um die Treibhausgase schneller zu senken. Wir setzen uns dafür ein, dass die Schaffung von tarifgebundenen, gewerkschaftlich organisierten Jobs im Zentrum des Green Deals steht – als Ersatz für Jobs, die bspw. in den fossilen Industriebereichen (Auto, Kohle) wegfallen. Wir wollen die Energieproduktion in die öffentliche Hand überführen, damit der Umbau gelingen kann. Wir fordern die Einführung einer europäischen Übergewinnsteuer, damit Haushalte entlastet werden und die Unternehmen an der Finanzierung des Green Deals entsprechend beteiligt werden.

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Wie wollen Sie die kulturelle Vielfalt in Europa fördern, den sozialen Zusammenhalt sichern und Armut reduzieren? Wie wollen Sie der besonderen Rolle von Kunst und Kultur für den Zusammenhalt der Gesellschaft Rechnung tragen?
Wir setzen einmal auf Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums: Überall in der EU sollen hohe Vermögen stärker besteuert werden. Wir fordern einen globalen Mindeststeuersatz für Unternehmen von 25 % um Steueroasen trockenzulegen. Übergewinne aus Krieg und Krisengewinnen sollen extra und hoch besteuert werden, auch um Preistreiberei zu unterbinden. Gleichzeitig setzen wir uns für ein Mindesteinkommen ein und gute, verbindliche Mindeststandards in der Gesundheitsversorgung. Eine verbindliche Umsetzung der Säule sozialer Rechte & der international vereinbarten Nachhaltigkeitsziele sollte zum Maßstab europäischer Politik werden, indem die bisherigen Freiheiten des Binnenmarktes usw. eingebunden sind. Um einen EU-weiten Rahmen für bessere Arbeitsbedingungen von Kulturproduzent*innen zu schaffen, setzten wir auf ein „Fair-Work-Siegel“ auf Kulturprodukte & -produktionen ein. Das sichert, dass Kreative gut bezahlt werden und ordentliche Verträge haben. Überdies wollen wir Doppelbesteuerung bei grenzüberschreitendem Arbeiten ausschließen. Kulturproduktionen sind eine eigenständige Stimme im demokratischen Dialog und muss besser finanziert werden.
Themen: Medien, Kultur

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Unterstützen Sie, in Förderrichtlinien der öffentlichen Hand die faire Vergütung aller künstlerischen Leistungen verbindlich zu verankern? Setzen Sie sich für die Verankerung eines entsprechenden Anspruchs im Urheberrechtsgesetz ein? Welche Initiativen planen Sie zur Überwindung des Gender Pay GAP?
Ja. Die europäischen Mindestlohn-RL (und -honorare) sollten auch für Selbständige gelten. Sie sollten auch im Falle von Arbeitslosigkeit den abhängig Beschäftigten endlich gleichgestellt werden. Die Linke fordert die Einführung eines europaweiten „Fair-Work-Siegels“, damit sicher gestellt ist, dass die Beschäftigten, die an Konzerten, Computerspielen, Theaterereignissen, Büchern, Ausstellungen usw. beteiligt sind, gut bezahlt werden und ordentliche Verträge haben. Die gil ebenso für den Caterer am Set, die Ankleiderin und viele andere Beschäftigte, die sich nicht auf urheberrechtliche Vergütungen berufen können. Doppelbesteuerung bei grenzüberschreitendem Arbeiten müssen beendet werden. Geförderte Projekte müssen hier vorangehen und die faire Vergütung sowie einen geschlechtergerechtem Einsatz nachweisen. Die Linke hat sich dafür eingesetzt, dass in dem Programm Creative Europe 2021 bis 2027 Geschlechtergerechtkeit und Inklusion endlich aufgenommen wurde, auch für Jurys, Expert*innenkommission, Studien & in der Förderung selbst. Mit den Novellen des EU-Urheberrechts (2019) hat sich – dem Recht der Nachverhandlungen (Bestsellerklausel), der jährlichen Transparenz der Verwertungsgesellschaften ggü. den Urheber*innen – die Verhandlungslage der Kreativen nicht automatisch verbessert. Es braucht mehr Verbindlichkeit.
Themen: Mindestlohn, Kultur

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Mit welchen Initiativen setzen Sie sich dafür ein, dass Urheberrechte im Rahmen des Trainings u. der Anwendung von generativer Intelligenz tatsächlich gewahrt werden? Mit welchen konkreten Maßnahmen soll die Verantwortung der großen Plattforen für die Wahrung von Urheberrechten umgesetzt werden?
Die Vervielfältigung und Wiedergabe geschützter Inhalte und Ergebnisse aus Trainingsdaten, deren Ausgangsbasis geschützte Werke sind, z.B. die Veröffentlichung im Internet, ohne die Zustimmung des Rechtsinhabers, sind nicht zulässig und sinnvollerweise durch "Opt-out"-Erklärungen geregelt worden. Veränderte Nutzungen schutzwürdiger Werke, Parodien, Karikaturen etc. sind - wie schon bisher - vom urheberrechtlichen Schutz ausgenommen. Im EU-KI-Gesetz wurde geregelt, dass Anbieter von KI-Modellen eine ausreichend detaillierte Zusammenfassung des verwendeten Trainingsmaterials veröffentlichen müssen, denn Ergebnisse von Trainingsdaten, deren Ausgangspunkt keine geschützten Werke sind, unterliegen keinem gesonderten Schutz. Die Identifizierung von KI-generierten Werken ist ungelöst. Lizensierungen der entstandenen Produkte sind nicht möglich, was viele neue Probleme aufwirft, die gesetzlich ungeregelt sind. Wir kommen um Kennzeichnungspflichten von mit KI-erstellten Werken durch Urheber - und auf Plattformen - nicht herum. Der bisherige Rechtsrahmen zur Regelung der KI auf Unionsebene ist insgesamt nur dürftig auf Medien, Kultur (etwas besser bei Bildung) anwendbar. Er klammert mit dem Hochrisikoansatz viele Bereiche aus dem Regelungsbedarf aus, um im Nachhinein festzustellen, dass nicht nur KI-Produkte wie selbstfahrende Autos und deren Konsequenzen für den Verbraucherschutz von akutem gesellschaftlichen Interesse & vor allem Demokratie relevant sind.

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Befürworten Sie die Einbeziehung aller Selbständigen in eine gesetzliche Rentenversicherung? Wenn ja, verpflichtend?
Ja, Die Linke befürwortet die Einbeziehung von Politiker*innen, Beamt*innen und Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung – verpflichtend mit einem sozial gerechtem Überleitungsmodell.

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Wie wollen Sie sich für Erhalt und Sicherung der kulturellen Vielfalt und Infrastruktur in Europa einsetzen? Unterstützen Sie die Etataufstockung bewährter Förderstrukturen und entwickeln Sie neue?
Wir wollen den Etat von Creative Europe aufstocken. Die Programme im Kulturteil und in MEDIA-Teil sind hoffnungslos überzeichnet und 2/3 aller guten Projekte müssen abgelehnt werden. Damit ist der Bedarf der Verdreifachung des derzeitigen Etats schon klar skizziert. Die neue Orientierung auf Netzwerke und auch auf Festivals finden wir gelungen. Nicht, weil es Eventisierung gegenüber "kultureller Grundlagenforschung" bevorzugt. Sondern, weil diese Orientierung die öffentliche Sichtbarkeit des kulturellen Austauschs – auch über Europas Grenzen hinaus – erhöht und damit ein deutlicher Beitrag im demokratischen Dialog offener Gesellschaften und kultureller Vielfalt darstellt. Dabei halten wir die gemeinschaftliche Nutzung öffentlicher Räume durch lokale Kultur, die häufig in der Umsetzung der Veranstaltungen der Europäischen Kulturhauptstädte zugunsten eines Stadtmarketings zu kurz kommt, für dringend. Ebenso finden wir die Öffnung von Preisvergaben für ein breites Publikum, wie es vorbildlich beim LUX-Filmpreis – ursprünglich Corona bedingt – gelungen ist, für ein wichtiges Moment der Teilhabeförderung. Im dritten Förderschwerpunkt von Creative Europe, dem Cross-over-Sektor, ist die Förderung von Medienfreiheitsinitiativen versteckt. Angesichts der Lage von Journalist*innen, dem Bedarf an Medienkompetenz angesichts von Fake-News, drängen wir auf eine gesonderte institutionelle Förderung europaweit.

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Setzen Sie sich dafür ein, Werkdatenbanken als auch Archive zur Sichtbarmachung und Pflege des bildkünstlerischen kulturellen Erbes zu fördern und deren Vernetzung auf europäischer Ebene voranzutreiben (z.B. Europeana)? Was wollen Sie unternehmen, um den Gender Show Gap zu überwinden?
Ja. Wir halten Werkdatenbanken und die Förderung von Europeana für essenziell, nicht nur um Auffindbarkeit, öffentliche Forschung und den Schutz des Kulturerbes zu fördern. Die Linke will eine Registrierungspflicht für die Sicherung gemeinnützig zugänglicher Werke und für "out of commerce"-entstandene Werke, die oft wichtige Zeitzeugen sozialer Bewegungen sind (Plakate, Flyer) auf europäischer Ebene in Stakeholder-Dialogen erneut in Angriff zu nehmen. Auch wenn mit der Urheberrechts-RL für den Austausch des Kulturerbes neue Möglichkeiten entstanden sind, sollten wir weiter an der Europäischen Harmonisierung und Vernetzung arbeiten. Im Programm Kreative Europa haben wir durch Anträge der LINKEN eingebracht, dass das Programm mehr Geschlechtergerechtigkeit entfaltet. Dieser Anspruch gilt auch für die Gremien, die Fördermittel vergeben, für Jurys & Expert*innen & bei der Studienvergabe, um die Wirkungen des Programms zu evaluieren. Mit dem neuen Programm Creative Europe (2021 - 2027) wurde diese Strategie, gemeinsam mit mehr Inklusion im Programmtext klar verankert. Die Linke unterstützt damit auch Initiativen wie "ProQuoteFilm", stützt sich auf deren Expertise, wenn es darum geht zu zeigen, dass Geschlechtergerechtigkeit noch immer viel zu langsam vorankommt. In der Bildenden Kunst ist der Pay Gap in Deutschland ebenfalls eklatant, Stipendien, Residenzen mit Kindern kaum möglich. EU-Förderkriterien müssen den Nachholbedarf widerspiegeln.

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Mit welchen Maßnahmen wollen Sie den internationalen, globalen Austausch stärken? Wie gedenken Sie die Bürokratie auf EU-Ebene zu erleichtern?
Die Doppelbesteuerung beim Arbeiten in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten (& im Nicht-EU-Ausland) muss endlich geklärt und beendet werden. Das baut auch Bürokratie ab, wenn die Versteuerung von Einkünften & Sozialleistungen europaweit anrechnungsfähig sind. Mittel für den internationalen Austausch kommen nicht nur aus Creative Europe (oder Erasmus+). Projekte wie "More Europe" brauchen stabile Förderungen. Die LINKE fordert, dass EU-Kulturdiplomatie Kultur nicht instrumentalisiert, sondern Vielfalt und Eigenwertigkeit kultureller Ausdrucksformen fördert. Unnötige Bürokratie abbauen ist richtig: Die zweckgerechte Verwendung öffentlicher Mittel muss dennoch weiter dokumentiert werden und überprüfbar sein. Klimaschutz und Rechte für Beschäftigte dürfen nicht unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus verringert werden. Wir wollen Regelungen übersichtlich, einfach und transparent gestalten. Die bisher unübersichtliche Vielzahl von Förderprogrammen der EU wollen wir deshalb zusammenlegen und den Zugang vereinfachen. Gut ausgestattete öffentliche Verwaltungen (mit ausreichend Personal und aktuellen IT-Systemen) reduzieren zudem den administrativen Aufwand für die Unternehmen.